Messi stürzt Argentinien ins Unglück
Der Vizeweltmeister verliert ohne seinen Topstar sang- und klanglos in Bolivien. Erzrivale Brasilien löst hingegen souverän das WM-Ticket.
Die schockierende Nachricht erreichte den Vizeweltmeister gerade einmal fünf Stunden vor Anpfiff des WM-Qualifikationsspiels in Bolivien. Der Weltverband FIFA sandte ein Fax, das Argentiniens Stürmer Lionel Messi ab sofort wegen Beleidigung für vier Pflichtspiele aus dem Verkehr zog. Der BarcelonaStar hatte in der Begegnung gegen Chile (1:0) am Donnerstag den brasilianischen Linienrichter obszön beleidigt und war nachträglich aufgrund des Videobeweises gesperrt worden.
Ganz Argentinien fiel umgehend in Schockstarre. Die Presse sprach von einer „tödlichen Sanktion“. Präsident Mauricio Macri schrieb auf Twitter: „Heute müssen wir geeinter als nie sein.“Selbst Boliviens Staatschef Evo Morales hielt die Strafe für absurd: „Meine Solidarität mit dem besten Fußballer der Welt“, schrieb Morales auf dem Kurznachrichtendienst.
Und der ohnehin umstrittene Trainer Edgardo Bauza musste den Kapitän kurzfristig aus der Aufstellung streichen. Für ihn lief als Mannschaftsführer Éver Banega von Inter Mailand auf. Aber es half alles nichts. Im Spiel gegen das zweitschlechteste Team der Südamerika-Qualifikation verlor die himmelblau-weiße Auswahl auf der Höhe von La Paz sang- und klanglos mit 0:2. Vor 42.000 Zuschauern traf Juan Arce per Kopf in der 31. Minute, Marcelo Moreno sorgte kurz nach der Pause für die Entscheidung . Der gesperrte Messi verfolgte das Drama frustriert vor einem Fernseher in der Kabine.
Ohne ihren Kapitän wirkte die Mannschaft des Vizeweltmeisters wie ein Reifen ohne Luft, der einfach nicht ins Rollen kommt. Mit Messi holten die Argentinier in der laufenden WM-Qualifikationsrunde 83 Prozent der möglichen Punkte, ohne ihn nur 33 Prozent. Da erscheint es nur logisch, dass der argentinische Fußballverband AFA die Sperre anfechten will. Claudio Tapia, der zum neuen AFA-Präsidenten gewählt werden sollte, muss in seiner ersten Amtshandlung die Beschwerde nach Zürich senden. Man hofft in Buenos Aires auf eine Halbierung der Sanktion für Messi auf zwei Spiele. So könnte er noch in drei der vier verbliebenen Spiele für Argentinien eingreifen.
Denn ohne ihn droht das Starensemble vom Rio de la Plata tatsächlich die Qualifikation für Russland 2018 zu verspielen. Nach der vierten Niederlage im 14. Spiel rutschte der Vizeweltmeister auf den fünften Platz, der nur zum Ausscheidungsspiel gegen den Sieger der Ozeanien-Qualifikation berechtigt. Trainer Bauza gab sich hinterher unberührt und kämpferisch: „Mich verbiegt nichts und niemand“, sagte er, gestand aber, dass die Niederlage in der dünnen Luft der bolivianischen Hauptstadt gerecht war. „Aber wir sind stark genug, weiterzumachen. Wir leben noch und sind sicher, dass wir uns für die WM qualifizieren.“Die neue AFA-Führung hat nun ordentlich Zeit, darüber nachzudenken, ob sie mit Bauza in die letzten Spiele gehen will. Der 15. Spieltag in Südamerika findet erst in fünf Monaten statt.
Während Argentinien taumelt, ist dem sportlichen Erzfeind Brasilien die Teilnahme an der WM im kommenden Jahr schon sicher. Das Team um Neymar, Messis Spielkamerad in Barcelona, gewann in São Paulo gegen Paraguay überzeugend mit 3:0. Und da Uruguay wenig später in Peru 1:2 unterlag, kann Brasilien nicht mehr aus den direkten Qualifikationsrängen rausrutschen.
Es war der achte Sieg in Folge unter Trainer Tite, der den glücklosen Dunga abgelöst hatte. Mit Neymar, der sich im besten Moment seiner Karriere wähnt, scheint der fünffache Weltmeister an die großen Zeiten anzuknüpfen.
Zweiter Gewinner des Doppelspieltags ist Kolumbien, das nach zwei Siegen auf dem zweiten Platz hinter Brasilien steht und gute Chancen hat, sich für Russland zu qualifizieren. Am Dienstag gewann die Elf von José Pékerman 2:0 in Ecuador.
WM-Qualifikation, Südamerika, 14. Runde: Bolivien – Argentinien 2:0, Ecuador – Kolumbien 0:2, Chile – Venezuela 3:1, Brasilien – Paraguay 3:0, Peru – Uruguay 2:1. Tab.: 1. Brasilien 14/33, 2. Kolumbien 14/24, 3. Uruguay 14/23, 4. Chile 14/23, 5. Argentinien 14/22.