Groll und Taktik an der Mur
Der Streit um das Murkraftwerk hat Graz nachhaltig verändert. Weil die Kommunisten und Grünen gegen das – rechtlich abgesegnete – Kraftwerk aufgetreten sind, grollt der ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl wie selten zuvor. Da ihm durch die SPÖ-Schlappe bei der wegen des Kraftwerksstreits vorgezogenen Gemeinderatswahl ein potenzieller Koalitionspartner verloren ging, musste er nun ein Regierungsabkommen mit den Blauen schließen, von denen er sich noch im Wahlkampf klar abgegrenzt hatte. Schwarz-Blau in Graz: Eine Liebesheirat sieht anders aus, Sachzwänge und Parteitaktik haben diese Liaison bewirkt. Eine politische Zwangsehe.
Apropos Parteitaktik. Es ist demokratisch legitim, dass eine Regierung die Ressorts neu verteilt. Es ist aber auch legitim, diese Entscheidungen zu hinterfragen. Fast 20 Jahre lang haben die Kommunisten das einst brachgelegene Wohnungsressort betreut und mit ihrer Arbeit Sympathien der Grazer gewonnen. Jeder Fünfte (!) hat zuletzt KPÖ gewählt. Jetzt wandern die Wohnungsagenden zur FPÖ, die wiederum das in der Feinstaubhochburg ungeliebte, weil für Wählerstimmenfang untaugliche Verkehrsressort an Dunkelrot übergibt. Ist das nun „Politik für die Menschen machen“? Oder doch eher: Einen als unangenehm empfundenen Mitbewerber schwächen?