Salzburger Nachrichten

Wer darf wann den Maibaum stehlen?

In den Nächten rund um den 1. Mai herrscht Alarmberei­tschaft: Die Baumdiebe gehen um. Doch ein Verein will den Brauch einschränk­en.

- NIKOLAUS KLINGER

„Eine Richtlinie für Maibäume bringt überhaupt nichts.“W. Ablinger-Ebner, Volkskultu­r

SALZBURG. Maibäume werden Jahr für Jahr geschmückt, streng bewacht und dennoch immer wieder gestohlen – so will es eine jahrhunder­telange Tradition. Gemäß einem alten Brauch dürfen Fremde aus den Nachbardör­fern in den Nächten rund um den 1. Mai den Baum stehlen, sofern die Heimatgeme­inde nicht gut genug auf diesen aufpasst. Geht es dem Brauch bald an den Kragen? Der steirische Verein „D’Dochstana z’Schladming“will das Maibaumste­hlen stark einschränk­en. Der Grund: In den Brauchtums­vereinen würden sich immer weniger Leute finden, die in den Abendstund­en den Baum bewachen könnten. Künftig solle man den Brauch nur mehr in zwei Nächten praktizier­en. Sämtliche Vereine in der Region würden den Vorschlag begrüßen, heißt es vonseiten der „D’Dochstana“.

In Salzburg ist eine derartige Beschränku­ng nicht in Sicht. „Eine Richtlinie bringt absolut nichts“, sagt Waltraud AblingerEb­ner, Obfrau der Salzburger Heimatvere­ine. Denn: „Keiner kann das kontrollie­ren. Was wäre denn die Konsequenz für die Vereine, die sich nicht daran halten?“Vielmehr appelliert Ablinger-Ebner an die Vernunft der Brauchtums­gruppen. „Auch beim Maibaumste­hlen zählt der Hausversta­nd. Vandalenak­te sind tabu“, sagt die Obfrau. Wenn ein Maibaum etwa in einem abgesperrt­en Raum gelagert sei, dürfe man keinesfall­s ein Fenster einschlage­n oder die Tür eintreten. „Das ist Sachbeschä­digung. Brauchtum hin oder her.“Auch sollten sich die Vereine nicht um den Maibaum prügeln. „Wenn der Baum bewacht wird, kann man ihn eben nicht stehlen.“

In Lamprechts­hausen liegt der Maibaum bereits seit Anfang Jänner an einem geheimen Platz. Die Lamprechts­hausner bemalen den Stamm, daher muss der Baum schon frühzeitig gefällt werden. Angst vor Dieben hat man dennoch nicht. „Bei uns ist es üblich, dass der Baum erst drei Tage vor dem 1. Mai und in der Nacht danach gestohlen werden darf“, sagt Feuerwehrk­ommandant Josef Hoffmann. Die Feuerwehr zeichnet in Lamprechts­hausen für das Aufstellen verantwort­lich. Von einer Beschränku­ng für Diebe hält Hoffmann nichts: „Tagsüber ist das Stehlen sowieso nicht erlaubt.“Das Wachkomman­do in den Tagen vor dem 1. Mai habe Tradition. Hoffmann: „Der ganze Ort hilft mit, egal ob Jung oder Alt. Es ist ein großer Spaß für alle.“

Waltraud Ablinger-Ebner rät den Vereinen zu besonderer Vorsicht – dann müsste man über zeitliche Beschränku­ngen beim Maibaumste­hlen erst gar nicht sprechen: „Ich darf es nicht an die große Glocke hängen. Am besten wäre es, wenn nur eine Person weiß, wo der Baum gelagert ist.“

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BILD: SN/ROBERT RATZER Eine Idee mit Zukunft? Ein Verein will den Brauch des Maibaumste­hlens zeitlich begrenzen.
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