Wer darf wann den Maibaum stehlen?
In den Nächten rund um den 1. Mai herrscht Alarmbereitschaft: Die Baumdiebe gehen um. Doch ein Verein will den Brauch einschränken.
„Eine Richtlinie für Maibäume bringt überhaupt nichts.“W. Ablinger-Ebner, Volkskultur
SALZBURG. Maibäume werden Jahr für Jahr geschmückt, streng bewacht und dennoch immer wieder gestohlen – so will es eine jahrhundertelange Tradition. Gemäß einem alten Brauch dürfen Fremde aus den Nachbardörfern in den Nächten rund um den 1. Mai den Baum stehlen, sofern die Heimatgemeinde nicht gut genug auf diesen aufpasst. Geht es dem Brauch bald an den Kragen? Der steirische Verein „D’Dochstana z’Schladming“will das Maibaumstehlen stark einschränken. Der Grund: In den Brauchtumsvereinen würden sich immer weniger Leute finden, die in den Abendstunden den Baum bewachen könnten. Künftig solle man den Brauch nur mehr in zwei Nächten praktizieren. Sämtliche Vereine in der Region würden den Vorschlag begrüßen, heißt es vonseiten der „D’Dochstana“.
In Salzburg ist eine derartige Beschränkung nicht in Sicht. „Eine Richtlinie bringt absolut nichts“, sagt Waltraud AblingerEbner, Obfrau der Salzburger Heimatvereine. Denn: „Keiner kann das kontrollieren. Was wäre denn die Konsequenz für die Vereine, die sich nicht daran halten?“Vielmehr appelliert Ablinger-Ebner an die Vernunft der Brauchtumsgruppen. „Auch beim Maibaumstehlen zählt der Hausverstand. Vandalenakte sind tabu“, sagt die Obfrau. Wenn ein Maibaum etwa in einem abgesperrten Raum gelagert sei, dürfe man keinesfalls ein Fenster einschlagen oder die Tür eintreten. „Das ist Sachbeschädigung. Brauchtum hin oder her.“Auch sollten sich die Vereine nicht um den Maibaum prügeln. „Wenn der Baum bewacht wird, kann man ihn eben nicht stehlen.“
In Lamprechtshausen liegt der Maibaum bereits seit Anfang Jänner an einem geheimen Platz. Die Lamprechtshausner bemalen den Stamm, daher muss der Baum schon frühzeitig gefällt werden. Angst vor Dieben hat man dennoch nicht. „Bei uns ist es üblich, dass der Baum erst drei Tage vor dem 1. Mai und in der Nacht danach gestohlen werden darf“, sagt Feuerwehrkommandant Josef Hoffmann. Die Feuerwehr zeichnet in Lamprechtshausen für das Aufstellen verantwortlich. Von einer Beschränkung für Diebe hält Hoffmann nichts: „Tagsüber ist das Stehlen sowieso nicht erlaubt.“Das Wachkommando in den Tagen vor dem 1. Mai habe Tradition. Hoffmann: „Der ganze Ort hilft mit, egal ob Jung oder Alt. Es ist ein großer Spaß für alle.“
Waltraud Ablinger-Ebner rät den Vereinen zu besonderer Vorsicht – dann müsste man über zeitliche Beschränkungen beim Maibaumstehlen erst gar nicht sprechen: „Ich darf es nicht an die große Glocke hängen. Am besten wäre es, wenn nur eine Person weiß, wo der Baum gelagert ist.“