„Ich sehe mich als Mutmacherin“
In drei Wochen erhält Österreich mit Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) wieder eine Landeshauptfrau. Die SN sprachen mit der 53-Jährigen über Neuwahlen, ihre Ziele für Niederösterreich und die Rolle von Frauen in der Politik.
SN: Frau Landeshauptfrau, ...darfmanSieauchvordem 19. April schon so nennen? Johanna Mikl-Leitner: Landeshauptfrau in spe (lacht). Manche tun es. Ich merke, dass sich die Leute mit mir freuen, das ist ein schönes Gefühl und eine große Verantwortung. SN: Kanzleramtsminister Thomas Drozda (SPÖ) hat in einem SN-Interview Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) vorgeworfen, Neuwahlen zu provozieren. Zu Recht? Das könnte man oft für beide Seiten so interpretieren. Entscheidend sollte sein, dass man die Zusammenarbeit in den Vordergrund stellt, dann kommt das Thema einer Neuwahl erst gar nicht auf. Laut meinem politischen Verständnis erwarten sich Menschen Verlässlichkeit. Sie wollen eine Bundesregierung, die die gesamte Periode durcharbeitet und dann einen kurzen, intensiven Wahlkampf führt. Aber das müssen die Regierungsparteien entscheiden. SN: Also kein Ruf nach Neuwahlen von Johanna Mikl-Leitner wie zuletzt etwa von Salzburgs Landeshauptmann Haslauer? Haslauer hat gesagt, dass es schwierig sei, die EU-Ratspräsidentschaft gemeinsam mit einem Wahlkampf zu führen. Das muss die Bundesregierung abwägen, aber es ist eine riesige Herausforderung, zwei so große Ereignisse zu verbinden. Auf Spekulationen möchte ich mich aber nicht einlassen. SN: Die Entscheidung der Bundesregierung hätte jedenfalls Auswirkung auf die nö. Landtagswahl 2018. Dass ich keine Freude damit habe, wenn Landtagswahlen und Nationalratswahlen gleichzeitig stattfinden, das liegt auf der Hand. SN: Lassen Sie uns in Niederösterreich bleiben. Was sind Ihre Ziele? Mein primäres Ziel ist es, die Volkspartei Niederösterreich als starke Stimme für die breite Mitte zu positionieren. Den Fokus auf unsere Leistungsträger zu legen, die den Wohlstand in den vergangenen Jahrzehnten geschaffen haben. SN: Inwiefern wird sich Ihre Arbeit von jener von Erwin Pröll unterscheiden? Von Erwin Pröll nehme ich mit, dass ein Politiker für Verlässlichkeit steht und über Handschlagqualität verfügen muss. Doch wenn man Johanna Mikl-Leitner und Erwin Pröll vergleichen will, muss man auch sehen, dass wir aus unterschiedlichen Generationen stammen. SN: Was meinen Sie damit? Wir leben in einer Zeit, in der internationale Ereignisse, ob in der Türkei oder im Nahen Osten, auch Auswirkungen auf Niederösterreich haben. Jeder zweite Arbeitsplatz ist abhängig vom Export. Allein das zeigt, wie sehr sich die Welt verändert hat. SN: Als einzige Landeshauptfrau setzen Sie ein starkes Zeichen für Frauen in der Politik. Was würden Sie sich von Ihren Kolleginnen wünschen? Ich sehe mich als Mutmacherin. Frauen fühlen sich dadurch vielleicht bestärkt in die Politik zu gehen und Verantwortung zu übernehmen. Bei den Bürgermeisterinnen sind wir im Bundesländervergleich mit elf Prozent auf Platz eins, aber es bleibt Luft nach oben. Mein Anliegen ist es, Frauen zu fördern. SN: Merkt man, dass Frauen ein anderes Selbstverständnis in der Politik haben als männliche Kollegen? Es dauert länger, bis Frauen einmal Ja zur Verantwortung sagen, weil sie nicht nur 100 Prozent geben wollen, sondern 150 Prozent. Wenn sie sich für die politische Verantwortung entschieden haben, sind sie äußerst engagiert und sehr gut. SN: Der Umgangston mit Frauen in der Politik scheint von außen dennoch verniedlichend. Eine Hanni Mikl-Leitner ist normal, ein Basti Kurz undenkbar. Das ist für mich aber keine Geringschätzung. Seit Jahrzehnten nennen mich alle Hanni, ich finde das wertschätzend und es zeugt von einem guten Miteinander. Die, die mich gut kennen, dürfen mich selbstverständlich weiter Hanni nennen. SN: Und das Privatleben von Johanna Mikl-Leitner, wie sehr hat sich dieses seit dem Abschied aus der Bundespolitik verändert? Lassen Sie es mich so umschreiben: Die Qualität der Freizeit ist eine bessere geworden, weil das Telefon weniger klingelt.