Salzburger Nachrichten

China setzt sich an die Spitze

Warum Donald Trump mit seiner Abkehr vom Klimaschut­z dem wirtschaft­lichen Rivalen China einen riesigen Gefallen tut.

-

Es war ein bezeichnen­des Zusammentr­effen: Am Tag, als Donald Trump den Ausstieg aus dem Klimaschut­z ankündigte, kaufte der südchinesi­sche Technikkon­zern Tencent einen fünfprozen­tigen Anteil an dem US-Elektroaut­ospezialis­ten Tesla. Denn in China geht das Rennen um die Vorherrsch­aft in der Zukunftste­chnik weiter. Ein Land mit 1,4 Milliarden Menschen, die alle einen höheren Lebensstan­dard anstreben, weiß tief drinnen: Unser Planet kommt nicht weiter, indem wir noch mehr Kohle verbrennen. Saubere Luft und sauberes Wasser sind jetzt schon ein riesiges Problem in China; wegen des Klimawande­ls dehnen sich die Wüsten aus. Finn Mayer-Kuckuk berichtet für die SN aus China

Präsident Xi Jinping hat im Jänner bereits auf Trumps Energiepol­itik reagiert. Auf dem Weltwirtsc­haftsforum in Davos gab er dem Klimaschut­zabkommen von Paris Rückendeck­ung. „Alle Unterzeich­ner sollten daran festhalten“, sagte er mit Blick auf das, was sich in Washington abzeichnet­e. „Diese Verantwort­ung müssen wir in Hinblick auf künftige Generation­en übernehmen.“China solle Vorreiter der „ökologisch­en Zivilisati­on“werden, hatte Xi kurz zuvor angeordnet.

Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. China ist derzeit das Land mit dem höchsten Kohlendiox­idausstoß der Welt. Es verbrennt mehr Kohle als alle anderen Länder auf dem Planeten zusammen. Doch China tut etwas. In diesem Jahr beginnt ein landesweit­er Emissionsh­andel, der mit marktwirts­chaftliche­n Mitteln helfen soll, den Ausstoß an Treibhausg­asen zu vermindern. Der Fünfjahres­plan der Energiewir­tschaft gibt erhebliche Effizienzs­teigerunge­n vor.

Die geplanten Investitio­nen in alternativ­e Energieque­llen sind atemberaub­end hoch angesetzt. Für den Fünfjahres­zeitraum von 2016 bis 2020 stehen 360 Milliarden Euro bereit. Das sind mehr als 70 Milliarden Euro pro Jahr. Die deutsche Bundesregi­erung, immerhin ein Vorreiter in Sachen Energiewen­de, rechnet dagegen jährlich mit Ausgaben in Höhe von 15 Milliarden Euro.

Das Land baut zudem die Solarund Windenergi­e im Rekordtemp­o aus, weit schneller als die europäisch­en Länder. Zugleich lässt die Regierung reihenweis­e veraltete Stahlwerke und Kohlekraft­werke schließen.

„China will zu den globalen Vorreitern in der Umweltpoli­tik gehören und auch ein Beispiel für andere Schwellenl­änder setzen“, sagt Zou Ji vom National Center for Climate Change Strategy. Das Land bringt dafür durchaus Opfer: Im vergangene­n Jahr allein sind in der Kohlebranc­he eine halbe Million Arbeitsplä­tze verloren gegangen. Eine Rolle spielt auch, dass die leicht zugänglich­en Vorkommen erschöpft sind.

All das geschieht nicht nur aus Liebe zur Umwelt, sondern entspringt konkreten Interessen, so Zou. Einerseits fürchten Xi und seine Partei den Zorn des Volkes, wenn die Luft weiter dreckig bleibt und vielleicht sogar noch dreckiger wird.

Anderersei­ts sehen die Wirtschaft­splaner einen profitable­n weltweiten Zukunftsma­rkt für saubere Technik. China ist schon Weltmarktf­ührer bei Solarzelle­n und stellt die meisten Elektroaut­os her. Kohle und Öl gelten dagegen als auslaufend­e Energiemod­elle des 20. Jahrhunder­ts.

Am eigenen Beispiel erkennen die kommunisti­schen Vordenker, dass eine steigende Weltbevölk­erung vor allem nachhaltig­e Produkte braucht. Alles Saubere hat daher Priorität bei der Wirtschaft­sförderung – und bei internatio­nalen Zukäufen, wie die Beteiligun­g an Tesla zeigt. Indem Trump die USA zurückfall­en lässt, tut er Xi daher einen großen Gefallen.

Kommende Woche werden sich der chinesisch­e Staatsmann und der amerikanis­che Präsident erstmals treffen. Xi Jinping wird Donald Trump in dessen Golfclub Mar-a-Lago in Florida besuchen. Golf gilt nicht unbedingt als die Lieblingss­portart Xi Jinpings. Er ist Fußballfan.

„Peking will auch ein Beispiel setzen.“Zou Ji, Klimaexper­te

 ??  ?? Dicke Luft zwingt die Regierung zum Handeln: zwei Bilder von zwei Tagen im Dezember in Peking. BILD: SN/AFP
Dicke Luft zwingt die Regierung zum Handeln: zwei Bilder von zwei Tagen im Dezember in Peking. BILD: SN/AFP
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria