Ein Star, den nicht alle wollen
Maria Scharapowa kommt bald zurück. Für die einen als der unverzichtbare Tennisliebling. Für ihre Kolleginnen aber nicht als Freundin, sondern als die zu mild behandelte Dopingsünderin.
Im Jänner 2016 hat Maria Scharapowa ihr letztes Tennismatch bestritten. Der Niederlage gegen Serena Williams bei den Australian Open folgte wenige Wochen später der schwerste Rückschlag ihrer Karriere. Die Russin wurde des Dopings überführt und im Endeffekt 15 Monate gesperrt. Ihre bevorstehende Rückkehr sorgt nun für viel Gesprächsstoff.
„Du merkst erst, wie sehr du etwas liebst, wenn du es verloren hast“, sagt die Russin und meint damit ihre ungewollte Auszeit vom Wettkampf und von den größten Tennisbühnen der Welt. Weniger vermisst hat sie – und das beruht wohl auf Gegenseitigkeit – ihre Kolleginnen. „Ich habe viel Respekt, aber ich will keine Freundin von ihnen sein.“
Ihre Rückkehr sehnen die Turnierveranstalter, Fans und Sponsoren herbei, nicht aber ihre Gegnerinnen. Die kritisieren vor allem die Wildcards, die der 30-Jährigen helfen sollen, schnellstmöglich wieder an die Spitze zu kommen. Als „respektlos gegenüber allen anderen“bezeichnet es etwa Caroline Wozniacki. „Seltsam“nennt es Angelique Kerber, die Nummer eins der Welt. Auch männliche Kollegen fordern von der WTA strengere Regeln für Dopingsünder. „Sie sollte sich alles wieder hart erarbeiten müssen“, sagt Andy Murray, Kerbers Pendant. „Das ist ungefähr so, als würde man ein Kind, das sich schlecht benommen hat, mit Süßigkeiten belohnen“, sagt Jo-Wilfried Tsonga.
Scharapowa hat ihren Platz in der Weltrangliste verloren. Die fünffache Grand-Slam-Siegerin müsste also bei null anfangen, bei den kleinsten Turnieren starten. Aber Scharapowa hat für Stuttgart, Madrid und Rom bereits „Freikarten“. Besonders bizarr wird das Schauspiel in Stuttgart: Weil ihre Sperre am 25. April abläuft, das Turnier aber am Tag davor beginnt, darf sie bis zu ihrem Erstrundenmatch am Mittwoch die Anlage gar nicht betreten. „Ob mein Comeback hart wird? Absolut.“Sie spricht damit die fehlende Matchpraxis an, weiß aber natürlich auch, dass die Herzlichkeit der Kolleginnen nicht in einem Willkommensfest enden wird.
Die deutsche Fed-Cup-Chefin Barbara Rittner kritisiert die WTA, die zu befürchten hat, dass ihr ohne Wildcards die größte Cashcow neben Serena Williams abhanden kommt. „Die WTA hat Angst, dass Scharapowa ihre Karriere sonst beenden würde“, sagt Rittner. WTABoss Steve Simon rechtfertigt die Wildcardvergabe so: „Es wäre unfair, die Arbeit einer ganzen Karriere auszulöschen. Maria hat ihre Sperre abgesessen und alle Punkte verloren. Und sie hatte kein Einkommen in dieser Zeit. Sie hat für ihren Fehler bezahlt.“
Diese Argumente zaubern vielen ein Lächeln auf die Lippen. Allein an Preisgeld hat Scharapowa 36 Millionen Dollar verdient, dazu ein Vielfaches mit Antrittsgagen und Sponsorgeldern. Finanzielle Sorgen haben also andere. Und Punkte braucht sie ohnehin keine, weil sie wohl auch mit 50 noch Wildcards rund um den Globus bekommen würde. Auch bei den Grand Slams? Interessant wird sein, ob sie in Paris und Wimbledon antreten darf.
„Ich will einmal eine Familie gründen und bin mit 30 in meiner sportlichen Karriere an einem Punkt angelangt, an dem ich näher am Ende als am Anfang bin. Und man möchte ein solches Kapitel nach den eigenen Regeln beenden“, betont Scharapowa. Olympia 2020 hat sie jedenfalls noch im Visier.
Scharapowa braucht keine Freundinnen