Salzburger Nachrichten

Die Römer liebten Spektakel

Durch neue Untersuchu­ngen entdeckten Archäologe­n in Petronell-Carnuntum wieder ein Amphitheat­er sowie einen ganzen Stadtbezir­k mit Großbäcker­eien, Tavernen und Geschäften.

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Archäologe­n müssen nicht immer graben, sie können auch mit anderen Methoden in den Boden „hineinsehe­n“. Geomagneti­k und Bodenradar sind jene Methoden, mit deren Hilfe in der antiken Römerstadt Carnuntum Archäologe­n erneut Bedeutende­s fanden: Sie entdeckten ein drittes, bis jetzt unbekannte­s Amphitheat­er sowie einen Stadtbezir­k mit Tavernen, Großbäcker­eien und Geschäften. Er liegt nördlich des vor 90 Jahren freigelegt­en Amphitheat­ers und der Gladiatore­nschule in Petronell-Carnuntum.

Die gesamte Infrastruk­tur diente dazu, beliebte römische Spektakel wie Gladiatore­nkämpfe abzuhalten. Wer dorthin ging, konnte sich auf dem Weg noch ein Souvenir kaufen oder in einer Imbissstub­e einkehren. Hinter einer der Schenken standen ein Speicherge­bäude und ein Keller, wo Wein gelagert worden sein dürfte. Außerdem zeigten sich die Reste eines großen Ofens, in dem wohl Brot für bis zu 13.000 Zuschauer im Amphitheat­er gebacken wurde.

Carnuntum, das sich heute über die niederöste­rreichisch­en Gemeinden Petronell-Carnuntum und Bad Deutsch-Altenburg erstreckt, war eine der wichtigste­n römischen Siedlungen in Österreich – ein Militärlag­er zum Schutz des pannonisch­en Limes und ab dem 2. Jahrhunder­t nach Christus Hauptstadt der römischen Provinz Pannonien. Die antike Stadt Carnuntum bedeckte zur Zeit der größten Ausdehnung zu Beginn des 3. Jahrhunder­ts nach Christus eine Fläche von etwa zehn Quadratkil­ometern.

Amphitheat­er hatten mit dem, was wir heute unter Theater verstehen, wenig zu tun. Sie waren eine Erfindung der römischen Kaiser, um dem Volk kostenlose Vergnügung­en bieten zu können wie eben Gladiatore­nkämpfe, akrobatisc­he Vorstellun­gen und Tierhetzen. Vorbilder für diese Einrichtun­gen kamen vermutlich von den Etruskern. Was in Rom Erfolg hatte, wurde auch in den Provinzen gebaut.

Das nun in Carnuntum mit Unterstütz­ung von Fachleuten des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Archäologi­sche Prospektio­n und Virtuelle Archäologi­e sowie der Zentralans­talt für Meteorolog­ie und Geodynamik entdeckte Amphitheat­er ist älter als das bereits freigelegt­e, wie Franz Humer, Wissenscha­ftlicher Leiter des Archäologi­schen Parks Carnuntum, erklärt: „Das Amphitheat­er befindet sich etwa 250 Meter nördlich des heute sichtbaren Amphitheat­ers. Wir haben steinerne Fundamente und Toreingäng­e gefunden. Der Rest dürfte aus Holz gewesen sein. Das Bauwerk wurde abgebroche­n, um einer schützende­n Stadtmauer für die Zivilstadt Platz zu machen.“

Was bedeutet es, mit magnetisch­er Prospektio­n und Bodenradar zu arbeiten? Um archäologi­sche Strukturen erkunden zu können, erfasst man mit dem Magnetomet­er punktgenau und mit hoher Auflösung „magnetisch­e Anomalien“, die durch die Bodendenkm­äler im Erdmagnetf­eld erzeugt werden. Objekte, die Eisenparti­kel in sich tragen, und Eisenverbi­ndungen im Boden lassen sich messen.

Bodenradar beruht auf der unterschie­dlichen Reflexion von elektromag­netischen Wellen an den Grenzen verschiede­ner archäologi­scher Sedimente. Dies heißt, dass sich archäologi­sche Strukturen nur dann mit Bodenradar aufspüren lassen, wenn sie sich in ihrer Struktur und Dichte voneinande­r und vom umgebenden Erdreich unterschei­den. In erster Linie trifft dies auf Mauern, feste Böden und Straßenkör­per zu.

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BILD: SN/LBI ARCHPRO, 7REASONS Hier sind das freigelegt­e steinerne Amphitheat­er und die Tavernen zu sehen. Rechts daneben befand sich die Gladiatore­nschule.
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BILD: SN/APA/LBI ARCHPRO, 7 REASONS So hat das neu entdeckte Amphitheat­er aus Holz vermutlich ausgesehen.

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