„Diese Ermittlerin ist sehr nahbar“
Christiane Paul verrät im SN-Interview, warum sie ihr spätes Kriminalreihendebüt gleich als Kommissarin feiert.
Die Ostfriesland-Krimis von KlausPeter Wolf gehören zum Erfolgreichsten, was der deutsche Buchmarkt in Sachen „regionale Morde“zu bieten hat. So war es nur eine Frage der Zeit, bis Wolfs WaterkantFälle, bereits zehn an der Zahl, in eine Krimireihe gegossen werden. Erstaunlich ist dagegen, dass ausgerechnet Christiane Paul der friesischen Kommissarin Ann-Kathrin Klaasen ein Gesicht gibt.
Die 43-jährige Berlinerin hatte sich bisher auffällig zurückgehalten, wenn es um Krimis ging. Im ersten Fall wird sie sogar Ermittlerin – in einer für sie bisher fremden Region Deutschlands. Ein SN-Gespräch über scheiternde Heldinnen mit kleinen und größeren Schwächen. SN: Haben Sie sich nicht gefragt, wann endlich einmal jemand auf Sie zukommt? Mit einer Kommissarinnenrolle, die in Serie gehen soll. Paul (lacht): Ehrlich gesagt, es gab schon solche Angebote. SN: Warum haben Sie abgelehnt? Ich bin nicht unbedingt ein großer Krimifan, das gilt sowohl für Bücher als auch für Filme. Die nordischen Sachen allerdings mag ich sehr. „Wallander“habe ich mir in Vorbereitung auf „Ostfriesenkiller“etwa noch einmal angeschaut. SN: Dann sagte Ihnen der Name Klaus-Peter Wolf . . . Rein gar nichts (lacht)! Obwohl das die Nummer eins der „Spiegel“Bestsellerliste war! Peinlich, oder? Daran sehen Sie, ich bin sozusagen das Gegenteil einer Krimiexpertin. Noch nicht einmal „Verblendung“von Stieg Larsson habe ich geschafft, obwohl ich mir das vorgenommen hatte und grundsätzlich sehr an Literatur interessiert bin. SN: Warum haben Sie trotzdem für diese Krimireihe zugesagt? Weil ich die Figur interessant finde. Ann-Kathrin Klaasen ist eine Kommissarin, die sehr nahbar ist. Sie ist eine detailreiche und auf ihre Art besondere Alltagsfrau, die KlausPeter Wolf da erdacht hat. Das Lebensechte der Figuren mit all ihren kleinen Schwächen ist, glaube ich, ein Erfolgsgeheimnis der Buchreihe. Darauf hatte ich Lust – und auch auf das Nordische, Dunkle der Handlungen. SN: Was verstehen Sie unter „dem Nordischen“? Es ist eine bestimmte Art der Figurenzeichnung. Ich mochte die dänische Serie „Kommissarin Lund“sehr, vor allem das Getriebene und Soziopathische an der Ermittlerin. haben Sie die Figur für den Film verändert? Wir haben Ann-Kathrin Klaasen in ihren Grundpfeilern so gelassen, wie sie die Buchreihe vorgibt: Ihre Ehe scheitert, der Sohn geht mit dem Vater. Sie spricht mit dem toten Vater und ist in ihrer Arbeit ziemlich getrieben. Gleichzeitig ist sie eine Durchschnittsfrau mit Durchschnittsproblemen. Eine, die sich zu dick fühlt und an ihrer Attraktivität zweifelt. Es war mir sehr wichtig, dass Ann-Kathrin keine perfekte Person ist, keine Heldin im klassischen Sinne. Ich wollte eine Kommissarin spielen, die fast permanent scheitert. Eine, die gerade im privaten Bereich oft die falsche Entscheidung trifft. SN: Wobei es schon zu Genüge gebrochene Ermittler gibt. Sie haben recht, allein das Gebrochene macht noch keinen interessanten Ermittler aus. Das haben übrigens auch die echten Polizisten angemerkt, mit denen ich im Vorfeld sprechen durfte. Nach dem Motto: „Nein, wir sind nicht so kaputt, wie uns die Filme immer darstellen. Wir sind total normale Leute“(lacht).