Salzburger Nachrichten

Zu zweit als Lerntandem unterwegs

Beim Projekt „Lernen macht Schule“begleiten Studierend­e Kinder, die es in der Schule nicht so leicht haben. Sie lernen mit- und voneinande­r.

- BARBARA HAIMERL

„Ich flüstere Meqdad in der Schule die Übersetzun­g ins Ohr.“Mostafa Masud, Student

SALZBURG-STADT. Eine fremde Sprache, eine fremde Kultur und große Scheu, auf die Menschen in der neuen Umgebung zuzugehen. Mostafa Masud weiß, wie sich ein Flüchtling fern der Heimat fühlt. Vor sieben Jahren ist er mit seiner Mutter von Afghanista­n nach Salzburg gekommen und lebte zunächst in einem Flüchtling­sheim im Pongau.

Mittlerwei­le studiert der 27Jährige seit acht Semestern Informatik an der Universitä­t Salzburg und arbeitet an den Wochenende­n als Kellner im Hotel Sacher. In seiner Freizeit engagiert sich der Student ehrenamtli­ch als Lernbeglei­ter für sozial benachteil­igte Kinder und Jugendlich­e.

Sein derzeitige­r Schützling stammt wie er aus Afghanista­n. Der 14-jährige Meqdad Jafari lebt seit fünf Monaten in Salzburg und besucht die Neue Mittelschu­le Campus Mirabell – zum ersten Mal in seinem Leben sitzt er in einem Klassenzim­mer. Zu Hause wurden er und sein Bruder, so gut es ging, in der Familie unterricht­et. Die Taliban hatten die Schulen im Umkreis zerstört.

Der Student und der Schüler sind eines von 18 Paaren, die derzeit am Mentoring-Projekt „Lernen macht Schule“teilnehmen. Mit Semesterbe­ginn haben sich sechs neue Paare gefunden. Die Idee: Studierend­e unterstütz­en Kinder mit geringen Chancen auf Bildung als Lernbuddys und begleiten sie als Bezugspers­on ein Stück ihres Weges.

Das Projekt solle Kindern mit geringeren Chancen den Zugang zu Bildung erleichter­n, sagt Projektkoo­rdinatorin Verena Schaber vom „internatio­nalen forschungs­zentrum für soziale und ethische fragen salzburg“(ifz). Das Zentrum ist einer der Projektpar­tner. Die Kinder werden vom Lerncafé der Caritas vermittelt, die Studierend­en erhalten an der Universitä­t eine Grundausbi­ldung und werden während des Projektes fachlich begleitet.

Die Lernbuddys treffen die Schüler jede Woche zwei bis drei Stunden, lernen mit ihnen, bereiten sie auf Prüfungen oder Schularbei­ten vor und verbringen Freizeit mit ihnen.

Gelegentli­ch kommt Mostafa sogar in die Schule, setzt sich im Unterricht neben Meqdad und flüstert ihm auf Persisch die Wörter ins Ohr, die er noch nicht versteht. Er wolle eines Tages Mechaniker werden oder vielleicht sogar studieren, sagt der junge Mann. „Ich will eine Person sein, die für die Gesellscha­ft etwas Gutes tut.“Nicht alle Flüchtling­e seien schlechte Menschen.

Am Mittwoch besuchten Mostafa und Meqdad das Haus der Natur. Im Doppelpack waren dort auch Soziologie­studentin Linda Krause und die Syrerin Huda Alibrahim unterwegs. Sie lebt seit 16 Monaten in Salzburg, die Eltern sprechen kaum Deutsch. Einer ihrer fünf Brüder habe schon einen Lernbuddy gehabt, sagt die Zehnjährig­e. „Das wollte ich auch.“Die Studentin aus München hat nach der Matura ein Jahr Freiwillig­endienst in einer Grundschul­e in Südafrika geleistet. „Das hat mir viel Freude gemacht, deshalb möchte ich auch hier Kinder aus einer anderen Kultur unterstütz­en.“

Ein Lernpaar sind auch Studentin Julia Bina und die elfjährige Alketa Zhjegi aus Albanien. Das Mädchen lebt seit sechs Monaten in Salzburg. „Julia ist wie eine Schwester“, sagt sie. Und wie eine Freundin. Die habe sie in der Schule noch nicht gefunden.

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