Zu zweit als Lerntandem unterwegs
Beim Projekt „Lernen macht Schule“begleiten Studierende Kinder, die es in der Schule nicht so leicht haben. Sie lernen mit- und voneinander.
„Ich flüstere Meqdad in der Schule die Übersetzung ins Ohr.“Mostafa Masud, Student
SALZBURG-STADT. Eine fremde Sprache, eine fremde Kultur und große Scheu, auf die Menschen in der neuen Umgebung zuzugehen. Mostafa Masud weiß, wie sich ein Flüchtling fern der Heimat fühlt. Vor sieben Jahren ist er mit seiner Mutter von Afghanistan nach Salzburg gekommen und lebte zunächst in einem Flüchtlingsheim im Pongau.
Mittlerweile studiert der 27Jährige seit acht Semestern Informatik an der Universität Salzburg und arbeitet an den Wochenenden als Kellner im Hotel Sacher. In seiner Freizeit engagiert sich der Student ehrenamtlich als Lernbegleiter für sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche.
Sein derzeitiger Schützling stammt wie er aus Afghanistan. Der 14-jährige Meqdad Jafari lebt seit fünf Monaten in Salzburg und besucht die Neue Mittelschule Campus Mirabell – zum ersten Mal in seinem Leben sitzt er in einem Klassenzimmer. Zu Hause wurden er und sein Bruder, so gut es ging, in der Familie unterrichtet. Die Taliban hatten die Schulen im Umkreis zerstört.
Der Student und der Schüler sind eines von 18 Paaren, die derzeit am Mentoring-Projekt „Lernen macht Schule“teilnehmen. Mit Semesterbeginn haben sich sechs neue Paare gefunden. Die Idee: Studierende unterstützen Kinder mit geringen Chancen auf Bildung als Lernbuddys und begleiten sie als Bezugsperson ein Stück ihres Weges.
Das Projekt solle Kindern mit geringeren Chancen den Zugang zu Bildung erleichtern, sagt Projektkoordinatorin Verena Schaber vom „internationalen forschungszentrum für soziale und ethische fragen salzburg“(ifz). Das Zentrum ist einer der Projektpartner. Die Kinder werden vom Lerncafé der Caritas vermittelt, die Studierenden erhalten an der Universität eine Grundausbildung und werden während des Projektes fachlich begleitet.
Die Lernbuddys treffen die Schüler jede Woche zwei bis drei Stunden, lernen mit ihnen, bereiten sie auf Prüfungen oder Schularbeiten vor und verbringen Freizeit mit ihnen.
Gelegentlich kommt Mostafa sogar in die Schule, setzt sich im Unterricht neben Meqdad und flüstert ihm auf Persisch die Wörter ins Ohr, die er noch nicht versteht. Er wolle eines Tages Mechaniker werden oder vielleicht sogar studieren, sagt der junge Mann. „Ich will eine Person sein, die für die Gesellschaft etwas Gutes tut.“Nicht alle Flüchtlinge seien schlechte Menschen.
Am Mittwoch besuchten Mostafa und Meqdad das Haus der Natur. Im Doppelpack waren dort auch Soziologiestudentin Linda Krause und die Syrerin Huda Alibrahim unterwegs. Sie lebt seit 16 Monaten in Salzburg, die Eltern sprechen kaum Deutsch. Einer ihrer fünf Brüder habe schon einen Lernbuddy gehabt, sagt die Zehnjährige. „Das wollte ich auch.“Die Studentin aus München hat nach der Matura ein Jahr Freiwilligendienst in einer Grundschule in Südafrika geleistet. „Das hat mir viel Freude gemacht, deshalb möchte ich auch hier Kinder aus einer anderen Kultur unterstützen.“
Ein Lernpaar sind auch Studentin Julia Bina und die elfjährige Alketa Zhjegi aus Albanien. Das Mädchen lebt seit sechs Monaten in Salzburg. „Julia ist wie eine Schwester“, sagt sie. Und wie eine Freundin. Die habe sie in der Schule noch nicht gefunden.