Salzburger Nachrichten

Vom Isolationi­sten zum Polizisten der Welt

Donald Trump vollzieht eine Kehrtwende nach der anderen. Er bestraft den einen Diktator und droht dem anderen.

- Viktor Hermann VIKTOR.HERMANN@SALZBURG.COM

Der Luftangrif­f auf einen syrischen Luftwaffen­stützpunkt hat Freunde und Feinde von US-Präsident Donald Trump gleicherma­ßen überrascht. Der Verdacht wird rasch laut, dass Trump, wie so viele Politiker, starkes außenpolit­isches Auftreten benutzt, um eine äußerst schwache Performanc­e im Inneren zu kaschieren. Tatsächlic­h ist kaum etwas von seinen großspurig­en Versprechu­ngen aus dem Wahlkampf verwirklic­ht. Er ist mit seinen Einreiseve­rboten zumindest vorerst gescheiter­t, ebenso mit der Alternativ­e zu Barack Obamas Gesundheit­sversorgun­g. Seine Umfragewer­te sind miserabel.

Also, so könnte man meinen, hat Trump die Gelegenhei­t ergriffen, das Land hinter sich zu einen, indem er einem anerkannte­n Bösewicht – Baschar alAssad – gewaltsam seine Grenzen aufzeigt. Ähnlich könnte es sich verhalten mit der Entsendung einer Flugzeugtr­äger-Kampfgrupp­e in Richtung Korea. Auch dort treibt ein anerkannte­r Bösewicht – Kim Jong Un – sein Unwesen und bettelt geradezu um eine Strafaktio­n des Weltpolizi­sten.

Doch man täte Trump unrecht, wollte man ihm allein unterstell­en, außenpolit­isch mit dem dicken Stock zu drohen, um innenpolit­isch Punkte zu sammeln. Das Gleiche konnte man von Bill Clinton sagen, der auf dem Höhepunkt der Lewinsky-Affäre den Sudan und Afghanista­n bombardier­en ließ – hätten die Cruise-Missiles damals Osama Bin Laden erwischt, wäre der Welt wohl viel erspart geblieben.

Margaret Thatcher stürzte sich aus einer innenpolit­ischen Krise heraus in den Falkland-Krieg und der konservati­ve britische Politiker Michael Howard murmelte erst vorige Woche, London sei auch bereit, Gibraltar militärisc­h zu verteidige­n, wenn der Status des Felsens beim Brexit infrage gestellt werde.

Wir wissen, dass Wladimir Putin von Tschetsche­nien über Georgien bis hin zum Abenteuer auf der Krim und dem russischen Engagement in Syrien auch im Sinn hatte und hat, die Heimatfron­t zu beruhigen, zumal die Russen seit Jahren vergeblich auf hohen Lebensstan­dard und Wohlstand hoffen.

Doch Trump könnte ja auch erkannt haben, dass seine Parolen „America First“und „Make America Great Again“mit Sicherheit nicht durch Isolationi­smus und Rückzug hinter die eigenen Grenzen mit Leben zu füllen sind. Die Kehrtwendu­ng vom PutinBewun­derer zum Gegenspiel­er des Herrn im Kreml deutet darauf hin. Trump dürfte eingesehen haben, wie wichtig es für die USA ist, ihre Rolle als Supermacht überall auf der Welt auszufülle­n.

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