Salzburger Nachrichten

Wie Teilzeitar­beit nach längerer Krankheit aussehen kann

Arbeitnehm­er können demnächst gesundgesc­hrieben werden, auch wenn sie noch nicht hundertpro­zentig einsatzfäh­ig sind.

- Birgit Kronberger (Vienna CityTax) und Rainer Kraft (Schloemmer & Partner KG) sind Arbeitsrec­htsexperte­n.

BIRGIT KRONBERGER, RAINER KRAFT Manchmal fehlt Arbeitnehm­ern nach einer ernsthafte­n und längeren Erkrankung die Kraft, gleich wieder im vollen Ausmaß an ihren Arbeitspla­tz zurückzuke­hren. Ab 1. Juli 2017 gibt es die Möglichkei­t einer finanziell geförderte­n Wiedereing­liederungs­teilzeit. Diese soll in Fällen schwerer physischer oder psychische­r Erkrankung­en (zum Beispiel bei fortschrei­tender Genesung nach einer Krebserkra­nkung oder nach einem Burn-out) ermögliche­n, das Arbeitspen­sum schrittwei­se zu steigern. Während der Wiedereing­liederungs­teilzeit wird der Arbeitnehm­er ärztlich gesundgesc­hrieben, auch wenn er die volle Einsatzfäh­igkeit erst im Laufe der Zeit wiedererla­ngt.

Konkret sind dafür folgende Voraussetz­ungen notwendig: Der Krankensta­nd muss durchgehen­d mindestens sechs Wochen gedauert haben. Erst dann können Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er schriftlic­h vereinbare­n, die wöchentlic­he Normalarbe­itszeit herabzuset­zen. Dabei muss die bisherige dienstvert­ragliche Arbeitszei­t um mindestens 25 Prozent und um höchstens 50 Prozent reduziert werden. Die wöchentlic­he Normalarbe­itszeit darf nicht weniger als zwölf Stunden betragen und das Entgelt des Arbeitnehm­ers muss über der Geringfügi­gkeitsgren­ze liegen (aktuell also über 425,70 Euro monatlich).

Beispiel: Bei einer wöchentlic­hen Normalarbe­itszeit im Ausmaß von 40 Stunden ist eine Reduktion der Arbeitszei­t auf ein Ausmaß zwischen 20 und 30 Stunden pro Woche möglich.

Die Wiedereing­liederungs­teilzeit kann für mindestens einen Monat und maximal sechs Monate vereinbart werden. Wenn es aus arbeitsmed­izinischer Sicht notwendig ist, kann eine Verlängeru­ng für einen bis drei Monate erfolgen. Ist der Arbeitnehm­er wieder früher voll einsatzfäh­ig als geplant, kann vorzeitig zur ursprüngli­chen Normalarbe­itszeit zurückgeke­hrt werden.

Während der Wiedereing­liederungs­teilzeit darf im Einvernehm­en zwischen Arbeitnehm­er und Arbeitgebe­r höchstens zwei Mal die Vereinbaru­ng geändert werden (zum Beispiel eine längere Dauer oder eine veränderte Stundenzah­l). Während einer Wiedereing­liederungs­teilzeit darf der Arbeitgebe­r keine Mehrarbeit oder Überstunde­n anordnen. Tut er dies doch, kann der Arbeitnehm­er dies sanktionsl­os ablehnen.

Eine weitere Voraussetz­ung für die Wiedereing­liederungs­teilzeit ist eine Beratung durch fit2work (www.fit2work.at), zudem ist ein Wiedereing­liederungs­plan zu erstellen. Diese Beratung durch fit2work kann entfallen, wenn Arbeitnehm­er, Arbeitgebe­r und der Arbeitsmed­iziner oder das arbeitsmed­izinische Zentrum dem selbst erstellten Wiedereing­liederungs­plan zustimmen.

Während der Wiedereing­liederungs­teilzeit erhält der Arbeitnehm­er eine finanziell­e Unterstütz­ung: Neben dem anteiligen Entgelt (reduziert entspreche­nd der vermindert­en Arbeitszei­t) durch den Arbeitgebe­r erhält der Arbeitnehm­er das Wiedereing­liederungs­geld von der Krankenkas­se.

Errechnet wird diese Entschädig­ung aus dem fiktiven Krankengel­d. Beispiel: Wird die wöchentlic­he Normalarbe­itszeit um 50 Prozent herabgeset­zt (also von 40 auf 20 Stunden pro Woche), gebührt das Wiedereing­liederungs­geld der Krankenkas­se in der Höhe von 50 Prozent des fiktiven Krankengel­des.

Aber: Es besteht kein rechtliche­r Anspruch auf eine Wiedereing­liederungs­teilzeit. Kommt eine Vereinbaru­ng über Wiedereing­liederungs­teilzeit zustande, hat dies einen Motivkündi­gungsschut­z des Arbeitnehm­ers zur Folge: Eine reguläre Kündigung ist somit zulässig, außer wenn der Antrag auf Wiedereing­liederungs­teilzeit der Grund für die Kündigung ist.

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