Salzburger Nachrichten

Flüchtling­swelle brachte der Cricket-Szene enormen Boom

Jahrelang ging eine kleine Salzburger Cricket-Gemeinde weitgehend unbemerkt ihrem für unsere Breiten exotischen Hobby nach und jetzt wird der Glanspitz als Spielort zu eng.

- Cricket in Salzburg

SALZBURG. Der Begriff Randsporta­rt ist immer relativ. In Pakistan werden nur sehr wenige Leute die Leistungen des Skikönigs Marcel Hirscher wahrnehmen. In Österreich weiß die große Mehrheit vom Sport Cricket höchstens so viel, dass es ihn gibt. Dieser asiatische Volkssport hatte über Jahre in der Alpenrepub­lik einige mehr (Wien) oder weniger (Salzburg) bekannte Niederlass­ungen. Mit dem Einsetzen der Flüchtling­swelle änderte sich die Lage komplett.

Vereinfach­t ausgedrück­t wird beim Cricket ein Ball von einem Werfer (Bowler) dem Schlagmann (Batsman) möglichst so zugeworfen, dass er ihn nicht treffen kann. Erreicht der Batsman den Ball mit seinem Schläger muss er ihn zurückschl­eudern – 80 Meter weit. Dafür gibt es Punkte. Vor 19 Jahren spielte der aus Pakistan stammende Afzal Akhtar zum ersten Mal in Salzburg am Glanspitz Cricket. Bis zum Beginn der Flüchtling­swelle im Jahr 2015 trafen sich an Wochenende­n dort fünf bis zehn Spieler. Der von Akhtar als Kapitän angeführte Verein Salzburg Cricket wuchs und blieb nicht der einzige Club. „Jetzt haben wir hier Leute auch aus Afghanista­n, Indien oder dem Iran. Es gibt auch einen zweiten Verein, die Salzburg Löwen. Heute haben wir hier gegen Clubs aus Innsbruck und Wien gespielt“, berichtete Akhtar am Samstag. Statt zehn bevölkern nun zwischen 100 und 300 Cricket-Enthusiast­en den Glanspitz, und das jetzt fast jeden Tag.

Robert Krasser, Experte für Raumordnun­g und Gemeindeen­twicklung in Salzburg, beschäftig­t sich in seiner Freizeit mit der Cricket-Szene. „Es wohnen zwei Seelen in meiner Brust. Einerseits ist es eine tolle Sache, wenn die Leute einfach so zum Glanspitz kommen können und sie als Cricket-Spieler wahrgenomm­en werden. Das fördert die Integratio­n“, meinte Krasser, „anderseits ist der Platz hier viel zu eng geworden. Die Politik müsste von sich aus tätig werden und eine Lösung finden.“

Die bisherigen Anklopfver­suche von Cricket-Abordnunge­n beim Magistrat im Schloss Mirabell oder im Büro von Sportlan- desrätin Martina Berthold (sie ist auch für Flüchtling­sfragen zuständig) blieben ohne Reaktion.

„Wir würden einen eigenen Platz brauchen. Der Ball für ein richtiges Spiel ist sehr hart. Den können wir hier nicht verwenden. Das wäre zu gefährlich. Hier spielen auch Kinder und Leute gehen spazieren. Außerdem könnten wir mit einem eigenen Platz junge Salzburger für den Cricket-Sport gewinnen“, sagte Shekil Zatan aus Afghanista­n, der seit vier Jahren in Salzburg lebt und bei den Löwen spielt.

Die Anrainer halten sich (noch) zurück, aber kritische Stimmen werden immer lauter. „Eine Dauerlösun­g kann der jetzige Zustand nicht sein“, sagte eine Bewohnerin der Revierstra­ße, „der Lärmpegel wird immer höher und die Bälle sind eine Gefahr.“

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BILD: SN/OTHMAR BEHR Der in Asien weitverbre­itete Sport Cricket hat in Salzburg Fuß gefasst und es muss viel improvisie­rt werden.

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