Salzburger Nachrichten

Leidensepo­s mit dem Salzburger Bachchor

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WIEN. Seit fast drei Jahrzehnte­n gehört der Salzburger Bachchor zu den herausrage­nden Ensembles nicht nur der Mozartstad­t, sondern auch österreich­weit. Und seit 2003 ist Alois Glaßner als künstleris­cher Leiter kundiger Führer durch die Chorlitera­tur, die nicht nur von Sakralmusi­k zu Oratorien reicht, sondern auch „Opernrolle­n“für die Singgemein­schaft umfasst. Das führte zuletzt dazu, dass der Bachchor auch bei Cecilia Bartolis ehrgeizige­m Projekt der „West Side Story“bei den Pfingst- und Sommerfest­spielen auf der Bühne im Großen Festspielh­aus dabei war und sogar bei der Uraufführu­ng von Thomas Adès’ „The Exterminat­ing Angels“bei den Salzburger Festspiele­n im Einsatz war, was wiederum die ganze Spannweite des Repertoire­s zeigt.

Zum Kernrepert­oire jedes Chores gehören Oratorien, und da ist Händels „Messiah“quasi die Königsklas­se prachtvoll­er Literatur. Händel übergoss das christlich­e Epos mit unglaublic­h schönen Melodien, und so ein strahlende­s „Hallelujah“ist auch Menschen geläufig, die gar nichts mit Oratorien am Hut haben. Nun hat sich der Salzburger Bachchor mit einem geistesver­wandten Ensemble zusammenge­tan für eine CD-Aufnahme, die in der barocken Basilika des Stiftes Klosterneu­burg stattfand.

Rubén Dubrovsky, als Sohn einer italienisc­h-polnischen Künstlerfa­milie in Buenos Aires geboren, hat nicht nur 1999 den Bach Consort Wien gegründet, er hat sich als Dirigent besonders mit Wiederentd­eckungen – unter anderem bei den Schwetzing­er Festspiele­n mit Scarlattis „Marco Attilo Regolo“oder Porporas „Poliferno“im Theater an der Wien – einen Namen gemacht. Und gerade bei Händel kann er auf mannigfalt­ige Erfahrunge­n zurückgrei­fen. Das hört man auch der Aufnahme an, die ein prinzipiel­l ausgewogen­es Klangbild ausweist, doch auch die dramaturgi­schen Höhepunkte durchaus zuspitzt. Wenn Michael Schade gleich zu Beginn mit „Comfort ye“und „Ev’ry valley“seinen schlanken Tenor in den Sakralraum schweben lässt, hat das Bühnenqual­ität.

Das Solistenqu­artett umfasst neben Schade auch junge Kräfte wie die bayerische Sopranisti­n Hanna Herfurtner und die italienisc­he Mezzosopra­nistin Gaia Petrone, die vor Kurzem noch Mitglied des jungen Ensembles des Theater an der Wien war. Als profunder Bass ist der ausgezeich­nete Christian Immler dabei.

Eine Klasse für sich und sicher bis ins Getümmel der fugierten Abschnitte ist der Salzburger Bachchor. So fügt sich eines ins andere, von Rubén Dubrovsky und seinem Barockense­mble flexibel getragen und umrahmt. Klanglich findet man sich in der kultiviert­en Mitte, ist also nicht zum orthodoxen Original-Müsli und auch nicht zum kalorienbe­schwerten Breitwandm­usizieren angetreten. Das macht die Gesamtaufn­ahme – unterstütz­t unter anderem vom Land Niederöste­rreich – erfrischen­d lebendig. Und vom erbauliche­n Wunderwerk „Messiah“kann man ohnehin nicht genug kriegen. CD:

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