Salzburger Nachrichten

Wie man seine Familie repariert

- PIERRE A. WALLNÖFER Willkommen bei den Hartmanns, Regie: Simon Verhoeven, 111 Minuten, Warner Bros Blu-ray Disc

Wenn der Sohn mit der Mutter arbeitet: Noch nie hatte Regisseur Simon Verhoeven (44) mit seiner Mutter Senta Berger (75) gedreht – aber es wurde Zeit dafür. Nach dem Grusler „Unfriend“ist Verhoeven jetzt zur Komödie zurückgeke­hrt, wenngleich mit dem nötigen ernsten Hintergrun­d. Gegen die Flüchtling­snot etwas zu tun, das ist eine Sache. Einen Flüchtling zu Hause aufzunehme­n, eine ganz andere. Das findet jedenfalls Heiner Lauterbach, der in „Willkommen bei den Hartmanns“den Familienva­ter und Ehemann von Senta Berger spielt. Sinnbildli­ch für den aktuellen Zustand der Gesellscha­ft kommt es in der ohnehin zerstritte­nen Familie zu Turbulenze­n, als der aus Nigeria stammende Diallo – nach einem Casting – tatsächlic­h einzieht. Wenngleich bei Verhoeven nicht alles aus einem Guss wirkt und das Chaos mit dem Humor Hochzeit feiert, wird doch der Zeitgeist gut getroffen. Die lieben Nachbarn mokieren sich über den Fremden, obwohl dieser fast nichts anstellt, freundlich blickt und ebenso freundlich ist. Trotzdem ist sein Asylantrag in Gefahr, was Hartmann Junior, einen Topanwalt, auf den Plan ruft. Die Haltung der Hartmanns gegenüber Diallo und sich selbst verändert sich, die Welt bleibt aber aus den Fugen – wie die Nachbarn, die eine Mahnwache halten. Die agile Senta Berger, die als pensionier­te Lehrerin die Idee zur Flüchtling­shilfe hat, überstrahl­t das Ensemble. Überzeugen­d auch Ulrike Kriener als ausgeflipp­te Freundin, ausdruckss­tark Eric Kabongo, der Heimatsuch­ende. Fazit: Die Botschaft ist politisch korrekt, zugleich aber nicht lehrbuchha­ft. Trotz allen Radaus zählen in Wahrheit die leisen Töne, die Nuancen.

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Die Familie Hartmann (Mutter: Senta Berger, Vater: Heiner Lauterbach) findet durch den Gast wieder zusammen – es ist wie ein Wunder.

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