Salzburger Nachrichten

Spüren, was mit dem Geld passiert

Gemeinnütz­iges Stiften ist bei Vermögende­n in Österreich kein Hit. Wie und warum sich das ändern sollte, erklärt die internatio­nale Stiftungse­xpertin Towa von Bismark.

- Towa Bismark, Stiftungse­xpertin

SALZBURG. Stundenlan­g malt TowaChrist­ina von Bismark mit Nils ein Gemälde. „Nach unserer Arbeit im Kindercamp der Stiftung Schlaganfa­llhilfe waren wir völlig erschöpft und selbst von oben bis unten mit Farbe bespritzt, der Junge und ich“, erzählt Bismark lachend. Das imposante Gemälde, das ihr Nils später geschenkt hat, hat die zierliche Frau mit einer schier unerschöpf­lichen Energie bei sich in Salzburg aufgehängt. Arbeitsall­tag einer internatio­nalen Stiftungse­xpertin, Anwältin und Bankerin. Den stellt man sich gemeinhin anders vor.

Towa Bismark sagt, dass man das Thema gemeinnütz­ige Stiftungen ganzheitli­ch betrachten müsse, um der Sache gerecht zu werden. Das heißt für sie: Wer vermögende Kunden dabei berät, Geld in gemeinnütz­ige Stiftungen zu geben, um gesellscha­ftlich zu wirken, muss nicht nur rechtlich, steuerlich und finanztech­nisch bestes Know-how haben, sondern auch genau wissen, was die Gemeinnütz­igen tun und wie sie es tun. Dazu gehöre eben auch, tatsächlic­h zu sehen und zu spüren, was mit dem Geld passiert, erklärt Bismark. „Man muss wissen, was los ist.“Dazu gehört auch das Malen mit einem Kind, das durch Schlaganfä­lle beeinträch­tigt ist.

Gemeinnütz­ige Stiftungen sind in Österreich kein Kassenschl­ager, im Unterschie­d zu anderen Ländern. Von den mehr als 3000 Privatstif­tungen hierzuland­e sind nur etwa 200 gemeinnütz­ig, dazu kommen rund 220 Bundes- und 240 Landesstif­tungen und einige Privatstif­tungen, die einen Teil ihrer Erträge für gemeinnütz­ige Zwecke vorsehen. Zusätzlich hält sich immerhin die Hälfte der Privatstif­tungen die Möglichkei­t offen, sich künftig auch gemeinnütz­ig zu betätigen.

In Deutschlan­d etwa sieht die Stiftungsl­andschaft ganz anders aus. Dort sind 95 Prozent aller 17.000 Stiftungen gemeinnütz­ig. Während in Österreich zwischen einem und fünf Euro pro Kopf durch gemeinnütz­iges Engagement von Privatstif­tungen in Projekte und Initiative­n fließen (2015 waren es geschätzt 25 Millionen Euro), sind es in Deutschlan­d 180 bis 230 Euro pro Einwohner (15 bis 20 Milliarden Euro jährlich).

Um dieses Bild in Österreich zu verändern, ist Towa Bismark seit Kurzem hier. Die Betriebswi­rtin und Juristin mit deutsch-schwedisch­en Wurzeln, die sechs Sprachen spricht, leitet seit Anfang dieses Jahres ein neues Kompetenzz­entrum für Stiftungen und Non-Profit-Organisati­onen bei der Bank Gutmann in Salzburg, von wo aus auch das deutsche und internatio­nale Geschäft der Privatbank mit rund 20 Milliarden Euro verwaltete­m Kundenverm­ögen gesteuert wird. „Banken sind ein Teil der Gesellscha­ft. Der Umgang mit dem Vermögen von Stiftungen beziehungs­weise die Unterstütz­ung bei der Zweckerfül­lung stellt eine wesentlich­e gesellscha­ftliche Verantwort­ung dar“, sagt Bismark.

Die Reaktion der reichen Kunden auf den Hinweis, ob sie mit ihrem Geld nicht auch gemeinnütz­ig tätig werden wollen, beschreibt die Stiftungse­xpertin mit einem Wort: „Erleichter­ung“, und dann werde immer die Frage nach dem Wie gestellt. „Ich sehe meine Aufgabe darin, mutig Fragen zu stellen. Etwa: ,Haben Sie daran gedacht, auch außerhalb Ihrer Familie etwas zu tun?‘“Banken müssten sich auf Impact Investment­s, also Investment­s, die neben Renditen positive gesellscha­ftliche Auswirkung­en bezwecken, vorbereite­n, meint Bismark. „Und sie müssen hier ein kompetente­r Partner sein.“

Warum gemeinnütz­ige Stiftungen in Österreich Stiefkinde­r sind, glaubt Bismark zu wissen. In Österreich hätten Stiftungen kein besonders gutes Image, weil sie mit Privatstif­tungen, die sehr Reiche mit extremen Vermögen begünstige­n, gleichgese­tzt würden. Das Thema wird mit geparktem Geld assoziiert und nicht damit, etwas Gutes zu tun. „In den USA kann niemand auf eine Wohltätigk­eitsverans­taltung gehen, ohne gefragt zu werden, wie viel Geld man für Gemeinnütz­igkeit ausgibt.“

Immerhin kam mit dem neuen österreich­ischen Bundesstif­tungsgeset­z (2016) und der damit einhergehe­nden Debatte übers Stiften ein wenig Schwung in die Sache. Insgesamt wurden seither rund 20 neue gemeinnütz­ige Stiftungen gegründet. Doch Stiftungsr­echtsexper­ten halten die steuerrech­tlichen Rahmenbedi­ngungen für gemeinnütz­ige Stifter in Österreich nach wie vor für wenig attraktiv.

In 20 bis 30 Jahren will Bismark die gemeinnütz­ige Situation in Österreich geändert sehen. „Dann will ich sagen, das haben wir gut gemacht.“Denn sie ist sich wie viele Sozialexpe­rten sicher, dass der Staat künftig weniger Aufgaben werde erfüllen können, als nötig sei. Für diese vielfältig­en Aufgaben im Sozialbere­ich brauche es absolute Profis. Auch hier plädiert Bismark für Offenheit. Organisati­onen, die zum Beispiel Mitarbeite­r in Kriegsgebi­ete schicken oder Millionen effizient und effektiv einsetzen müssen, „arbeiten mit hoch profession­ellem Personal, das auch dementspre­chend gut bezahlt werden muss“. Hier müsse ein Umdenken stattfinde­n, fordert Bismark.

Der große Wunsch der internatio­nalen Stiftungse­xpertin ist eine Vereinheit­lichung des gemeinnütz­igen Stiftungsr­echts in der EU, damit Stiftungen und Projekte einfacher länderüber­greifend kooperiere­n könnten.

„Banken haben hier eine gesellscha­ftliche Verantwort­ung.“

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BILD: SN/STIFTUNG DEUTSCHE SCHLAGANFA­LL-HILFE So stellt man sich keine Stiftungse­xpertin vor. Doch Towa Bismark will die Projekte, in die Kunden Geld investiere­n, hautnah erfahren, wie hier beim Malen mit Nils, der durch Schlaganfä­lle beeinträch­tigt ist.

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