Salzburger Nachrichten

Kaum wer will am Samstag in die Bank

Dass die Deutsche Bank Kunden künftig auch samstags beraten will, gilt in Deutschlan­d als Tabubruch, den sich die Gewerkscha­ft teuer abkaufen ließ. In Österreich wäre das längst möglich. Theoretisc­h.

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SALZBURG. Für den Schuhverkä­ufer ist es ebenso selbstvers­tändlich wie für die Verkäuferi­n im Buchhandel oder die Kollegin im Supermarkt: samstags zu arbeiten. Dass künftig auch Verkäufer und Verkäuferi­nnen von Wertpapier­en oder Baufinanzi­erungen am Samstag arbeiten sollen, wird in Deutschlan­d seit Freitag als Tabubruch diskutiert. Erstmals habe die Gewerkscha­ft damit der Samstagsar­beit im Bankenwese­n zugestimmt. Das freilich zu einem hohen Preis: Samstags zu arbeiten ist nur freiwillig möglich, dafür gibt es für betroffene Mitarbeite­r kürzere Arbeitszei­ten und das Recht auf eine Vorruhesta­ndsregelun­g.

In Österreich dagegen könnten Banken schon seit Jahren problemlos auch am Samstag aufsperren. „In der Realität kommt das aber so gut wie nie vor“, sagt Helga Fichtinger von der Gewerkscha­ft der Privatange­stellten GPA. „Ich weiß nur von einer einzigen Filiale der Erste Bank und einigen Bawag-Standorten in Postfilial­en.“

Im Gegenteil: Banken, die samstags schon einmal offen hatten, hätten ihre Filialen zuletzt durch die zunehmende Bedeutung des Online-Bankings am Samstag wieder geschlosse­n, sagt Fichtinger. „Die Aufregung, die es derzeit in Deutschlan­d gibt, hatten wir vor fünf, sechs Jahren. Seither ist es sehr ruhig geworden.“Laut Kollektivv­ertrag (KV) gilt in Österreich­s Banken die Fünf-Tage-Woche. Diese kann man aber auf sechs Tage ausdehnen, sofern man in einer Betriebsve­reinbarung regelt, welche Zuschläge am Samstag gelten. Die müssten jedenfalls höher als die 50prozenti­gen Zuschläge für Überstunde­n liegen, sagt Fichtinger. „Ohne Gegenleist­ung haben wir der Samstagsar­beit auch in Österreich nicht zugestimmt.“

Bei den Banken ist das Interesse, samstags aufzusperr­en, gering. Mangels Kundenwuns­ch, wie man argumentie­rt. Zwar habe man die einst strikten Öffnungsze­iten von 8 bis 12 Uhr und von 14 bis 16.30 Uhr längst aufgeweich­t, indem man Kunden Beratungst­ermine auf Wunsch täglich zwischen 7 und 19 Uhr anbiete, erklärt etwa Stefan Soriat, Sprecher der Salzburger Sparkasse. „Der Samstag ist für uns aber kein Thema.“Auch in etlichen Landgemein­den, in denen historisch bedingt die Sparkasse auch Samstagvor­mittag offen hatte, blieben die Türen mittlerwei­le zu. „In Zeiten von Online-Banking und Bankomat muss niemand am Wochenende in die Bank, um Geld abzuheben.“ Ähnlich argumentie­rt Udo Steckholze­r von Raiffeisen Salzburg. Bei der Oberbank bietet man den Kunden dagegen Beratungst­ermine, falls gewünscht, auch am Samstag an. „Die Nachfrage ist gleich null“, räumt Sprecher Frank Helmkamp ein. „Ob das daran liegt, dass es so ungewohnt ist, oder die Kunden ihr Wochenende einfach lieber anders nutzen wollen, weiß ich nicht.“

Bei der Erste Bank ist es seit Jahren einzig die Filiale am Wiener Graben, die samstags von 10 bis 13 Uhr offen hält. „Hier versuchen wir auch mit Info-Veranstalt­ungen Kunden anzulocken“, sagt Sprecherin Karin Berger. Eine Ausweitung des Pilotproje­kts sei nicht geplant.

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Helga Fichtinger, GPA

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