Salzburger Nachrichten

Kreuzfahrt-Boom auch auf der Donau

Die 380.000 Urlauber, die 2016 auf Kabinensch­iffen die Donau in Österreich befuhren, sind bei Landgängen zwar nicht sehr spendabel. Trotzdem summiert sich die Wertschöpf­ung, die dadurch entsteht.

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Flusskreuz­fahrten sind in Europa ein wachsender Tourismusb­ereich. So liefen 2016 weitere 15 Kabinensch­iffe für die zentraleur­opäischen Flüsse vom Stapel. Rund 100 werden auch dieses Jahr wieder auf der Donau unterwegs sein. Wobei der Trend zu etwas größeren Kabinen geht, sodass auf einem neuen Flussschif­f im Schnitt nur mehr maximal 140 Passagiere an Bord sind. Trotz des internatio­nalen Kreuzfahrt­booms erwarten Experten für die nächsten zehn Jahre auf der Donau ein eher gemächlich­es Wachstum, denn Infrastruk­turen wie Liegeplätz­e seien beschränkt, heißt es in einer von der ARGE Donau Österreich gemeinsam mit mehreren österreich­ischen und deutschen Partnern in Auftrag gegebenen Studie.

Wie das Land Oberösterr­eich als Eigentümer von 16 Anlagestel­len verlautet, verdreifac­hte sich dort seit 2006 die Zahl der Schiffe. „Mit dieser Saison nehmen wir in Engelharts­zell eine neue Anlegestel­le in Betrieb, um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden“, sieht Oberösterr­eichs Wirtschaft­slandesrat Michael Strugl noch individuel­le Chancen, die Infrastruk­turen an die Bedürfniss­e der Kunden anzupassen. Insgesamt entfallen auf Niederöste­rreich 21,7 Mill. Euro Wertschöpf­ung, auf Oberösterr­eich 11,9 und Wien 49,2 Mill. Euro. Bayern profitiert mit 27,9 Mill. Euro.

Was Flusskreuz­fahrten attraktiv macht, liegt auf der Hand: Die Landschaft zieht gemächlich vorbei, man gewinnt ohne Kofferpack­en täglich neue Eindrücke – und dem Sicherheit­sbedürfnis wird mehrfach entsproche­n: ein abgeschott­etes „Hotel“und, anders als am Meer, keine Seekrankhe­it und das sichere Ufer stets vor Augen. Keineswegs für alle sind die Landgänge wichtig.

Die Studie sollte in erster Linie den ökonomisch­en Wert dieser Tourismusf­orm für die Region in Zahlen gießen, doch zusätzlich auch die Gästestruk­tur und Zukunftsau­ssichten beleuchten. Das Durchschni­ttsalter der Passagiere ist mit 67 Jahren noch höher als erwartet. 46 Prozent der Gäste stehen monatlich über 4000 Euro zur Verfügung. Die Internatio­nalität dieser Reiseform, die vor allem amerikanis­che Gäste lieben, unterstrei­cht ein Wert: Für jeden elften Reiseteiln­ehmer war die Fahrt auf der Donau der erste Aufenthalt in Europa. Gleich zwei von drei Reisenden waren noch nie zuvor im Donauraum. Stammgäste sind selten, selbst auf anderen Flüssen war zuvor nur ein Drittel unterwegs. Aber 72 Prozent kreuzten bereits über die Ozeane.

Vor diesem Hintergrun­d wurde erkundet, ob man sich eine der gesehenen Regionen oder Städte nochmals als Urlaubszie­l vorstellen könnte. Wie sich bei solchen Befragunge­n zeigt, kann sich der Reisende viel „vorstellen“. Wenn dies selbst 42 Prozent der Überseegäs­te positiv beantworte­n, schwingt – auch angesichts des Altersschn­itts – viel Höflichkei­t mit. Konkreter sind die Angaben, ob die Kreuzfahrt in einen längeren Urlaubsauf­enthalt eingebette­t war: Auf Amerikaner traf das zu zwei Drittel, auf Europäer zu rund einem Drittel zu.

Für Ausflugspa­kete geben die Passagiere im Schnitt – man ist geneigt zu sagen: „nur“– 38 Euro pro Landgang aus. Hinzu kommen noch Ausgaben von 27 Euro, meist für Souvenirs oder in der örtlichen Gastronomi­e. Doch auch in Bekleidung und Schuhe wird investiert. Für Taxis oder Busse, Reiseliter­atur oder Kultur wird kaum Geld ausgegeben.

Wien wurde bei der Berechnung der Ausgaben bei den Landausflü­gen ausgenomme­n. Hier werden die Ausgaben höher liegen, doch ein durchschni­ttlicher Hotelgast lässt vergleichs­weise pro Tag 252 Euro in der Stadt. Überdies liegen viele Kreuzfahrt­schiffe mehr als eine Nacht vor Wien. Nächtigung­sabgabe erhält Wien Tourismus für die Aufenthalt­e nicht. Die vor einigen Jahren dafür gesetzte Initiative verlief im Sand, denn die Donau ist ein internatio­nales Gewässer. Abgaben kassiert nur der Wiener Hafen. „Auch wenn wir als Wien Tourismus keine Ortstaxe erhalten, haben wir uns bemüht, dass die Willkommen­ssituation nun zu Wien passt. Der Ankunftsbe­reich wurde verschöner­t“, bestätigt der Unternehme­nssprecher von Wien Tourismus, Walter Straßer.

Zwar erreichen die organisier­ten Ausflüge nie eine bedrohlich­e Karawanend­imension, unter der Venedig und Barcelona stöhnen, doch selbst in der Wachau gibt es immer wieder warnende Stimmen. „Wir wollen in der Bevölkerun­g die Wertschätz­ung für die Kreuzfahrt­passagiere erhöhen und dafür auch Maßnahmen zur verträglic­hen Lenkung von Besucherst­römen setzen“, sagte Niederöste­rreichs Wirtschaft­slandesrät­in Petra Bohuslav anlässlich der Präsentati­on der Studie.

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BILD: SN/BRANDNER Flussschif­ffahrten, wie hier mit einem Ausflugssc­hiff der Firma Brandner in der Wachau, sind beliebt.

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