Pendler bezahlen für gescheiterte Politik
Ein Pendlerticket fürs Parken könnte eine legitime Notwehr der Stadt sein. In der angedachten Form aber ist es eine Strafaktion gegen die, die sich nicht wehren können.
Selten lassen sich Gewinner und Verlierer so klar identifizieren wie anhand des geplanten Pendlertickets.
Auf der Gewinnerseite stehen zunächst einmal Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) und Verkehrsstadtrat Johann Padutsch (Bürgerliste). Mit ihrem Plan, von Pendlern 700 Euro Jahresmaut für das Parken in der Stadt zu verlangen, erwecken sie nach Jahren des verkehrspolitischen Stillstands wieder den Eindruck von Dynamik: „Seht her, wir kümmern uns um eines der wichtigsten Probleme der Stadt und sagen dem Stau den Kampf an. Jetzt aber wirklich.“
Das Pendlerticket hat aus Sicht des rot-grünen Duos noch weitere Vorteile: Es kostet die Stadt so gut wie nichts, die Maut spült vielmehr Geld in die Kassen. Es stößt auf Sympathie bei staugeplagten Stadtbewohnern (auch sie sehen sich als mögliche Gewinner), die bei der nächsten Bürgermeister- und Gemeinderatswahl den Ausschlag geben könnten. Die 60.000 Pendler dagegen, die täglich in die Stadt kommen, um hier zu arbeiten, müssen Schaden und Padutsch nicht kümmern. Sie sind in der Stadt nicht wahlberechtigt.
Womit wir bei den Verlierern sind. Zu ihnen zählen jene Menschen, die nicht der guten Luft wegen aufs Land gezogen sind, sondern weil sie sich die hohen Wohnungspreise in der Stadt nicht mehr leisten konnten oder wollten. Die steigenden Mobilitätskosten haben zum Teil bereits aufgefressen, was sie sich mit dem Wegzug erspart haben. Der Rest wird durch das Pendlerticket fürs Parken draufgehen. Jedenfalls für all jene, die gar nicht auf Bus oder Bahn umsteigen können, weil es die Öffis auf ihrer Strecke gar nicht oder nicht in ausreichender Taktzahl gibt.
Das nämlich ist das eigentliche Problem und Ärgernis mit der geplanten Maut fürs Parken: Sie bestraft arbeitende, Steuer zahlende Menschen dafür, dass die Politiker von Stadt und Land nicht und nicht in der Lage sind, eine zeitgemäße und preisgünstige öffentliche Anbindung zu schaffen.
Es kann nicht oft genug wiederholt werden: In Salzburg kostet die Öffi-Jahreskarte für das ganze Land 1550 Euro. Tirol bietet die Jahreskarte um ein Drittel davon an, dazu ein ungleich dichteres Streckennetz und führt die Innsbrucker Straßenbahn als Stadtregionalbahn weit ins Umland.
Warum können die das in Tirol? Vielleicht, weil sie weniger Eitelkeiten und Empfindlichkeiten pflegen? Vielleicht, weil sie so lange um einen Tisch sitzen, bis Lösungen gefunden sind? Wenn Stadt und Land in Salzburg einen Verkehrsgipfel abhalten, kommen im besten Fall ein paar Kilometer Oberleitung heraus. Es ist ein Fortschritt, dass Grödig ans Obusnetz angeschlossen wird, aber es ist halt bei Weitem nicht genug.
Es interessiert die Salzburger innerhalb und außerhalb der Stadtgrenzen längst nicht mehr, wer schuld daran ist, dass nichts weitergeht: Der Bürger-
meister der Stadt, die Bürgermeister der Gemeinden, der Landeshauptmann, der Verkehrsstadtrat oder der Verkehrslandesrat – sie sind alle gleichermaßen verantwortlich. Es wird Zeit, dass sie dieser Verantwortung gerecht werden. Und zum Beispiel mit der Dividende der Salzburg AG – sie schrieb gerade einen Rekordgewinn – den öffentlichen Verkehr flottmachen.
Dann ist das Pendlerticket fürs Parken die legitime Notwehr einer überlasteten Stadt. Solange Tausende aber keine andere Wahl als das Auto haben, gleicht es einer Strafaktion, ist ungerecht und unsozial.