Der Baumeister als Sachverständiger
Aufgrund seiner Ausbildung und gesamtheitlichen Tätigkeit hat der Baumeister ein umfassendes Wissen im Bereich Bau und Immobilien. Dies prädestiniert ihn auch als Sachverständigen.
Freitag, 22. Juli 2016, Niederland 132 in 5091 Unken, Salzburg: Mit einem Rumpler kracht der Balkon im Erdgeschoß des schmucken Hauses in die Tiefe. Wie kann so etwas überhaupt geschehen? Wer ist schuld? Wer zahlt den Schaden? Und wer haftet bei Verletzungen?
„Die Ursache war, wie sich später herausgestellt hat, eine mangelhafte bauliche Ausführung von Kragplatte und Bewehrung, verbunden mit Materialermüdung“, schildert Heinrich Mooslechner. Er ist allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger und Geschäftsführer der Mooslechner & Salchegger Sachverständigen GmbH & Co KG in Zell am See.
100 Prozent neutral und wertfrei
Ob nach einem Brand oder bei der Aufklärung allfälliger Baumängel: Beim Schadensmanagement gilt es stets, zu 100 Prozent neutral und wertfrei zu agieren. „Das Tätigkeitsfeld von Sachverständigen ist breit gefächert und erfordert Erfahrung und Objektivität“, so Mooslechner. Wer überdies beeidet und gerichtlich zertifiziert ist, verfügt über eine erhöhte fachliche Qualifikation und muss sich nach erfolgter Bedarfsprüfung einer kommissionellen Zertifizierungsprüfung stellen.
Ist das Objekt sicher?
Die Objektsicherheitsprüfung nach ÖNORM B1300 und B1301 gewinnt hierzulande enorm an Bedeutung. Konkret geht es dabei um die regelmäßige Überprüfung von Wohnund Gewerbeobjekten auf ihre Sicherheit in Bezug auf Personen- und Objektschutz. Wie ist der Zustand von tragenden Konstruktionen und Bauteilen? Entsprechen Brandmelder und Fluchtwege den Vorschriften? Passt der Personenschutz?
Mooslechner bringt in dem Zusammenhang ein weiteres Beispiel aus der Praxis: „Ein Hotelgast in Zell am See stürzt über eine 90 Zentimeter hohe Balkonbrüstung in die Tiefe und verletzt sich. Da jedoch ein Meter Höhe vorgeschrieben ist, haftet der Hauseigentümer. Als Sachverständiger kann ich im Vorfeld den Eigentümer rechtzeitig – also bevor etwas passiert – auf solche Risiken aufmerksam machen. Dazu zählt auch, dass zum Beispiel die Feuerlöscher wie vorgeschrieben funktionieren müssen.“
Technische Due Diligence
Immer häufiger erstellen Sachverständige auch technische Due-Diligence-Gutachten. „In Ländern wie England oder Russland sind solche Überprüfungen bei Immobilientransaktionen längst an der Tagesordnung“, so der beeidete Sachverständige.
Konkret geht es dabei um die Überprüfung des technischen Zustands von Objekten im Zuge eines Grundverkehrs, die Feststellung von Mängeln und den erforderlichen Sanierungsbedarf sowie die Bewertung von Mängeln in Bezug auf Sanierungskosten und den erforderlichen Zeithorizont.
Kollaudierungsmängel und Nutzungsbeschränkungen spielen hier ebenfalls eine Rolle. „Wer in eine Immobilie investiert, sollte sich mit einer solchen technischen Due Diligence absichern“, so der Rat von Heinrich Mooslechner.
Ein weiteres Betätigungsfeld von Sachverständigen ist die Betreuung und Unterstützung bei Schäden an Nachbarobjekten durch die Bauführung.
Weitere Aufgaben sind z. B. die fachliche Unterstützung von Anrainern und deren Anwälten bei baurechtlichen und gewerberechtlichen Genehmigungsverfahren, die Qualitätskontrolle bei Neubauten und Sanierungen sowie die Ermittlung der Ursachen von Schäden wie Wassereintritt, Schimmelbildung, Hellhörigkeit oder dergleichen.
„Gemäß ABGB ist jeder Baumeister ein Sachverständiger – und daher in den geschilderten Bereichen ein erfahrener Partner“, betont Heinrich Mooslechner abschließend.