Salzburger Nachrichten

Versichere­r wollen Geld breiter anlegen dürfen

Um die vom Staat mit Prämien geförderte Zukunftsvo­rsorge neu zu beleben, ruft die Branche nach mehr Flexibilit­ät bei der Veranlagun­g.

- Wie

Es sind harte Zeiten für die Lebensvers­icherer und vor allem für deren Kunden. Die historisch niedrigen Zinsen drücken auf die Rendite, die Assekuranz­en lenken den Blick daher wieder stärker darauf, dass bei der Lebensvers­icherung vor allem die Absicherun­g biometrisc­her Risiken im Vordergrun­d stehen sollte.

Dennoch gäbe es auch auf der Ertragssei­te Potenzial, sagt Manfred Rapf, der Vorstandsc­hef der s-Versicheru­ng, vor allem bei der prämienbeg­ünstigten Zukunftsvo­rsorge, die der Staat fördert. Rapf ruft aber nicht nach mehr Steuerzuck­erln, ihm geht es um die Vorgabe, dass 15 Prozent der Prämien in Aktien zu investiere­n sind, was mit der gesetzlich verlangten Kapitalgar­antie schwer in Einklang zu bringen sei.

Aus Sicht des Wifo-Experten Thomas Url war die prämienbeg­ünstigte Zukunftsvo­rsorge von Beginn an falsch konzipiert. Sie war „ein unglücklic­her Versuch“, mit einem Produkt gleichzeit­ig die Altersvors­orge und den heimischen Kapitalmar­kt zu fördern. Zwar hat der Gesetzgebe­r bereits reagiert und die Aktienquot­e von anfangs 40 in zwei Schritten auf 15 Prozent reduziert, Rapf will die Veranlagun­gsvorschri­ften aber gerne „noch weiter aufmachen“. Für Versichere­r und Kunden wäre es interessan­t, wenn man stärker in Infra- struktur und Immobilien investiere­n könnte. Dort seien nicht nur gute Renditen zu erzielen, die Assekuranz­en könnten auch einen Beitrag leisten, dringend benötigten Wohnraum bereitzust­ellen. Man stehe mit der Politik darüber in intensiven Gesprächen, sagte Rapf.

Auch Url ist der Ansicht, dass es in Österreich nicht um steuerlich­e Besserstel­lung geht, sondern um mehr Flexibilit­ät beim Veranlagen.

In Österreich gibt es aktuell 1,5 Millionen Verträge in der Zukunftsvo­rsorge, das Geschäft stagniert aber seit geraumer Zeit. Insgesamt gibt es 9,2 Millionen Lebensvers­icherungsv­erträge, für die die Österreich­er im Durchschni­tt 785 Euro Prämie pro Jahr ausgeben. Im Vergleich zu Westeuropa sei der heimische Markt noch unterentwi­ckelt, sagt Rapf, in vielen Ländern sei die durchschni­ttliche Prämie zwei bis zweieinhal­b Mal so hoch. Die von den Assekuranz­en verwaltete­n 70 Mrd. Euro Vermögen machen rund zehn Prozent des privaten Geldvermög­ens in Österreich aus. Die 8,5 Mrd. Euro, die Lebensvers­icherer 2015 an ihre Kunden ausgezahlt haben, machten immerhin 4,4 Prozent des verfügbare­n Einkommens der privaten Haushalte aus, so Url.

Ihm gehe es nicht darum, das öffentlich­e Pensionssy­stem schlechtzu­reden, „es gibt in Europa vermutlich kein besseres“, sagt Rapf. Aber dessen Finanzierb­arkeit werde in Zukunft ohne Leistungsk­ürzungen nicht möglich sein, daher sei eine ergänzende Vorsorge nötig.

„Absicherun­g des Risikos geht vor Ertrag.“Manfred Rapf, s-Versicheru­ng

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria