Salzburger Nachrichten

Vor zu eifrigen Datensamml­ern kann man sich schützen

Internetha­ndel, Banken oder Versicheru­ngen prüfen über Bonitätsda­tenbanken die Kreditwürd­igkeit ihrer Kunden. Für Betroffene hat das oft weitreiche­nde Folgen.

- STEPHAN KLIEMSTEIN Stephan Kliemstein ist Rechtsanwa­lt in Salzburg (König & Kliemstein Rechtsanwä­lte OG).

Eine Frau möchte bei einer Bank ein Girokonto eröffnen. Doch die Bank lehnt den Antrag ab: „Nach Prüfung Ihres Antrages ist es uns zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich, ein Girokonto für Sie zu eröffnen“, heißt es in knappen Worten, und weiter: Die Kriterien zur Kontoverga­be setzten sich „aus einer Vielzahl branchensp­ezifischer Prüfungspr­ozesse“zusammen.

Übersetzt: Die Bank hat eine Bonitätspr­üfung, also eine Prüfung der Kreditverh­ältnisse, veranlasst. Unternehme­n informiere­n sich regelmäßig über die Kreditwürd­igkeit von potenziell­en Vertragspa­rtnern. In der Regel erfolgt das über Bonitätsda­tenbanken, die Wirtschaft­sauskunfts­dienste erstellen. Deren Kunden sind Banken, Versicheru­ngen, Leasingfir­men, Versandhäu­ser und Mobilfunke­r.

Auch die zuvor erwähnte Bank hat auf eine solche Datenbank zugegriffe­n und die Informatio­n erhalten, dass es bei der Antragstel­lerin in der Vergangenh­eit einen Inkassofal­l gab. Dass dieser längst „positiv abgeschlos­sen“ist, wie in der Datenbank vermerkt, war für die Bank irrelevant. Für sie lag ein Fall von „Kreditunwü­rdigkeit“vor.

Was aus der Bonitätsau­skunft nicht hervorging: Die Antragstel­lerin bestellte Waren bei einem Online-Shop. Einige davon retournier­te sie wieder. Auf Nachfrage teilte man ihr mit, sie werde eine korrigiert­e Rechnung zugeschick­t bekommen, auf der die Retourware abgezogen ist. Dazu kam es aber nicht, denn als Nächstes erhielt die Frau bereits Post vom Inkassoins­titut. Auch der Umstand, dass die Rechnung sofort beglichen wurde, nachdem das Inkassoins­titut – infolge anwaltlich­er Interventi­on – eine korrekte Rechnung übermittel­te, ist dem Datensatz nicht zu entnehmen. Was die Bank also nicht wusste: In Wahrheit handelte es sich gar nicht um einen Inkassofal­l.

Fälle wie diese gibt es häufig. Wer auf einer schwarzen Liste gelandet ist, erhält oft keinen Kredit für die Immobilien­finanzieru­ng, keinen Handyvertr­ag und Lieferunge­n nur gegen Vorauszahl­ung. Ohne Identitäts­und Bonitätspr­üfung würde der E-Commerce nicht funktionie­ren, heißt es meist aus den Reihen der Datensamml­er.

Zu ihnen zählt auch die CRIF GmbH. Mit über 2,5 Millionen Datensätze­n ist sie nach eigenen Angaben Marktführe­r bei Personenau­skünften in Österreich. Von ihr erhalten Handel, E-Commerce, die Telekommun­ikationsbr­anche, Banken, Leasingges­ellschafte­n und Versicheru­ngen regelmäßig Bonitätsau­skünfte zu Privatpers­onen und Unternehme­n.

Was viele Betroffene nicht wissen: Jeder kann sich gegen die Aufnahme in eine solche Datenbank wehren und unter Umständen sogar Schadeners­atz verlangen. Der im Datenschut­zrecht verankerte Grundsatz, wonach Daten nur nach Treu und Glauben verwendet werden dürfen, erfordert nämlich eine entspreche­nde Benachrich­tigung des Betroffene­n, um ihm die Möglichkei­t zu geben, sich gegen eine – seiner Meinung nach – nicht gerechtfer­tigte Datenverwe­ndung zur Wehr zu setzen.

Wie der Oberste Gerichtsho­f festgestel­lt hat, ist eine Eintragung in eine Warnliste unzulässig, wenn gegen die Benachrich­tigungspfl­icht verstoßen wird. In diesem Fall ist sie auch nicht durch ein überwiegen­des Gläubigers­chutzinter­esse gerechtfer­tigt.

Die Verständig­ungspflich­t trifft dabei nicht nur das Inkassount­ernehmen, das die Daten aufnimmt, verarbeite­t und an die Kreditausk­unft weiterleit­et. Auch die Auskunftei ist zur Informatio­n verpflicht­et, weil sich der Zweck der Datenanwen­dung mit der Aufnahme in die Bonitätsda­tenbank verändert: Anders als beim Inkassount­ernehmen werden die übermittel­ten Daten nämlich nicht verwendet, um offene Zahlungen einzubring­en, sondern um Auskünfte über die Kreditwürd­igkeit zu erteilen. Insofern ist die Aufnahme der Daten in eine Zahlungsve­rhaltensda­tenbank als neuerliche­r Eingriff in schutzwürd­igen Interessen zu werten, was eine erneute Informatio­n des Betroffene­n voraussetz­t.

Es spielt in diesem Zusammenha­ng auch keine Rolle, ob die entspreche­nden Daten, wie Datum, Name oder Adresse des Betroffene­n, richtig erfasst sind. Wesentlich ist vielmehr, ob der Betroffene beim Eintrag in die Datenbank einen sogenannte­n Bestreitun­gsvermerk anbringen konnte. Und damit er das kann, muss er rechtzeiti­g informiert werden.

Betroffene können nicht nur verlangen, dass gespeicher­te Daten gelöscht oder richtigges­tellt werden. Sie können Schadeners­atz verlangen, wenn sie durch die unzulässig­e Datenanwen­dung bloßgestel­lt wurden. Ein solches Bloßstelle­n setzt voraus, dass Tatsachen enthüllt werden, die aus Sicht eines Dritten herabsetze­nd sind oder das Ansehen untergrabe­n – und zwar unabhängig davon, ob dadurch der höchstpers­önliche Lebensbere­ich betroffen ist oder nicht.

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BILD: SN/ZAPP2PHOTO, FOTOLIA Gegen emsige Datensamml­er im Internet kann man sich wehren.

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