Das geheime Bezahlsystem der Schlepper
4000 bis 8000 Dollar zahlt ein Flüchtling für seine Reise nach Europa. Wie Schlepper das Geschäft mit der Flucht weiterentwickeln.
WIEN. Schlepperei und Menschenhandel sind das tägliche Geschäft von Gerald Tatzgern, Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung der organisierten Schlepperkriminalität und Menschenhandel. Am Montag gewährte Tatzgern anlässlich des ersten Geburtstags des in Wien gegründeten Ermittlerbüros zur Bekämpfung von Schlepperei einen Blick auf die abscheulichen Strukturen der Täter – und wie sich diese verändern.
Gerade am Balkan beobachten die Ermittler einen Trend: „Die Flüchtlinge haben früher die gesamte Summe für ihre Schleppung auf einmal bezahlt, kamen dann aber nie am Ziel an. Das hat sich unter den Flüchtlingen herumgesprochen“, erklärt Tatzgern. Die Reaktion der Schlepper verdeutlicht einmal mehr, wie organisiert die Gruppen vorgehen.
Nun zahlen die Flüchtlinge in ihrem Herkunftsland in eine Art Pool ein. Nach jeder erfolgreich abgeschlossenen Etappe wird der entsprechende Geldbetrag aus dem Pool für den zuständigen Schlepper freigegeben. Damit die Beträge allerdings zu den Schleppern gelangen, gibt es das sogenannte HawalaSystem (zu Deutsch: Wechsel). Dabei handelt es sich um ein jahrhundertealtes arabisches Zahlungssytem. Es funktioniert ohne Banken, ohne Konten, ohne Belege. Dafür mit viel Vertrauen und Mittelsmännern. Genutzt wird es bereits seit Längerem von Terroristen und Drogenhändlern. Tatzgern: „Die Organisationen schicken aktuell Geldtransporter nach Europa, damit die Schlepper bezahlt werden. Also Personen, die das Geld in ihren Autos nachliefern. Dem sind wir auf der Spur.“
Auch Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) betonte: „Schlepper sind keine Fluchthelfer, sondern Verbrecher und Teil der organisierten Kriminalität.“Insgesamt wurden laut Bundeskriminalamt 2016 in Österreich 27.850 Geschleppte und 249 Schlepper aufgegriffen. 2015 waren es 72.179 Geschleppte und 1108 Schlepper.