Salzburger Nachrichten

Der Fluch der bösen Tat: Das verflixte fünfte Regierungs­jahr

Vor zehn Jahren wurde die Legislatur­periode verlängert, deshalb gibt es jetzt den Eiertanz um die vorgezogen­e Wahl.

- VIKTOR.HERMANN@SALZBURG.COM

Keine Regierung könne in lächerlich­en vier Jahren schaffen, was sie sich vorgenomme­n habe. Das erste Jahr nach einer Wahl brauche das Kabinett, um sich einzuarbei­ten, das letzte gehe mit einem Wahlkampf verloren, und dazwischen kämen einem immer wieder wichtige Landtagswa­hlen und Gemeindera­tswahlen in die Quere. Bedeutende Entscheidu­ngen könne man aber nur in einer ruhigen Phase beschließe­n, wenn kein Landeshäup­tling oder Bürgermeis­ter fürchten müsse, dass ihn die Wählerinne­n und Wähler für etwas bestraften, wofür er ja gar nichts könne: die Bundespoli­tik.

Das war kurz gesagt der Kern jener Argumente, aufgrund derer vor ziemlich genau zehn Jahren der Nationalra­t seine eigene Legislatur­periode von vier auf fünf Jahre aufstockte. Jetzt plagen sich die Koalitions­parteien gemeinsam mit der Opposition, eine halbwegs anständige Form zu finden, wie man die fünfjährig­e Legislatur des aktuellen Parlaments um ein Jahr verkürzen könnte. Den Wirbel hätte man sich sparen können.

Warum nicht die Länge der Legislatur­periode daran orientiere­n, wie gut Koalitions­parteien miteinande­r auskommen und tatsächlic­h zu echter Kooperatio­n im Interesse der Bürgerscha­ft bereit sind? Aber wer will schon fünf oder sechs Monate nach Angelobung des Kabinetts schon wieder wählen? Zumal dann ja eine Regierung gerade so lang im Amt bliebe, wie die Koalitions­parteien vorher gebraucht haben, um sich auf ein Programm zu einigen.

Genau genommen müsste die Wählerscha­ft den Damen und Herren Politikern einmal unverblümt sagen, dass es uns völlig schnurzega­l ist, ob sie gerade Rücksicht auf eine Landtagswa­hl nehmen müssen. Sie sind gewählt, um das Land zu regieren, Rahmenbedi­ngungen zu schaffen, unter denen die Gesellscha­ft sich zum Besseren entwickeln kann – und nicht, um die Position der eigenen Partei auf ewig einzuzemen­tieren. Das Risiko, mit politische­n Entscheidu­ngen den einen oder anderen Wähler zu verärgern, muss ein Politiker eingehen, der das Interesse der Gesellscha­ft im Sinn hat.

Es gibt bald noch einen zweiten Jahrestag. Fünf Jahre nachdem die Legislatur­periode um 20 Prozent verlängert wurde, hat der Nationalra­t beschlosse­n, die Parteienfö­rderung um fast 100 Prozent anzuheben. Auch hier mit seltsamen Argumenten: Wegen der strengeren Bestimmung­en über Parteispen­den und der sinkenden Neigung der Leute, als Parteimitg­lieder Mitgliedsb­eiträge zu bezahlen, müsse der Steuerzahl­er die Parteien alimentier­en.

Parteienfö­rderung ist damit so etwas wie ein Honorar für politische Arbeit. Bei der jüngst erlebten Performanc­e könnten sich die Steuerzahl­er überlegen, ob dieses Honorar nicht deutlich überzogen ist.

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Viktor Hermann

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