Hacker sollen Amateure sein
Experten suchen nach dem weltweiten Cyberangriff fieberhaft die Hintermänner. Die Gefahr ist nicht gebannt, eine nächste Cyberwaffe ist aufgetaucht.
Die weltweite Cyberattacke „Wanna Cry“ist laut Experten wegen einiger Amateurfehler der Angreifer vergleichsweise glimpflich verlaufen. „Die Gruppierung dahinter hat offenbar nicht viel Erfahrung“, sagte der IT-Sicherheitsexperte Christoph Fischer aus Karlsruhe am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. „Die Attacke hatte Schwachstellen, die jetzt aber auch von der guten Seite ausgenutzt werden können.“Die Gefahr ist nach Einschätzung von Ermittlungsbehörden allerdings noch längst nicht gebannt.
Die Verbreitung des Virus sei in Europa zwar gestoppt, sagte eine Sprecherin der europäischen Polizeibehörde Europol am Dienstag der „Financial Times“. „Aber wir glauben nicht, dass dies das Ende der Krise ist.“Die Hacker hätten Schadsoftware entwickelt und würden das voraussichtlich auch weiter tun. So ist laut „Financial Times“bereits eine weitere, ebenfalls ursprünglich von der amerikanischen Spionagebehörde NSA stammende Cyberwaffe im Darknet, einem anonymen Bereich des Internets, aufgetaucht. Sie basiere auf dem Hackerwerkzeug „Esteem Audit“, das wie „Wanna Cry“eine Lücke in älteren Versionen von Microsofts Betriebssystem Windows ausnutzt.
Analysen des amerikanischen Sicherheitsspezialisten Fortinet zufolge nutzt „Esteem Audit“Schwachstellen in Microsofts Windows Server 2003 und dem alten Windows XP, das der Softwarekonzern seit Längerem nicht mehr unterstützt. Wegen des Angriffs durch „Wanna Cry“hatte Microsoft jedoch am vergangenen Wochenende noch ein Update veröffentlicht. Demnach zielt der Schadcode auf die Authentifizierungsfunktion über Smart Cards.
Die weltweite Attacke mit „Wanna Cry“am Wochenende sei das erste Mal gewesen, bei dem Erpressungssoftware mit der Technik eines Computerwurms für die schnelle Verbreitung kombiniert worden sei, teilten Experten von McAfee, einem Hersteller von Computersicherheitssoftware, mit. Eine Reihe von Programmierfehlern hat die Verbreitung nach Einschätzung von Analysten aber ausgebremst.
So hatte das Schadprogramm, das Hacker vor einigen Wochen vom US-Geheimdienst NSA entwendet und veröffentlicht hatten, einen eingebauten „Ausschaltknopf“, der den Infektionsweg stoppen konnte. Ein britischer ITSpezialist hatte diesen zufällig gefunden und so die weitere Ausbreitung beendet: Mit einer Investition von rund zehn Euro registrierte der 22-jährige Marcus Hutchins eine Domain, die der Schadcode stets kontaktiert hatte. Sobald das Schadprogramm eine Antwort von der Domain bekam, stoppte „Wanna Cry“die Aktivitäten.
Als Indiz für mangelnde Professionalität gilt auch das vergleichsweise geringe Lösegeld, das die Angreifer über die digitale Währung Bitcoin vermutlich eingestrichen haben. Dieser Punkt könnte auch gegen Vermutungen sprechen, Nordkorea stecke hinter der Attacke. „Kim Jong Un will Milliarden bewegen und sich nicht tröpfchenweise ernähren“, sagte Fischer.
„Wanna Cry“hat seit dem Wochenende in rund 150 Ländern mindestens 200.000 Organisationen und Privatnutzer getroffen. In Österreich wurde kein Schaden verzeichnet.