. . . und es ward Licht
Haydns Oratorium „Die Schöpfung“, in Szene gesetzt von La Fura dels Baus im Theater an der Wien, erinnert an den Cirque du Soleil.
Es ist eine technoide Performance, La Fura dels Baus hat den mittlerweile siebten meterhohen Kran konstruiert, dieses Mal mit einem eingebauten „Pool“. Haydns Oratorium „Die Schöpfung“wird nicht nur mit dem viel bewegten Kran und ins Wasser getauchten Hauptdarstellern, sondern auch mit 26 Heliumballonen und Laserprojektion zu einem wahren La-Fura-Theater, ohne dass bei allem visuellen Überfluss der musikalische Gehalt vernachlässigt würde. Denn es ist die Dirigentin Laurence Equilbey, die im Theater an der Wien – nach Aix-en-Provence und dem neuen Pariser Konzertsaal auf der Île Seguin in der Seine – mit ihren Ensembles und drei Solisten das Oratorium aufführt. Vielleicht ist das Insula Orchestra noch nicht ganz an der Spitze angekommen, darüber hinaus wurde dem Chor Accentus szenisch einiges abverlangt, doch Laurence Equilbey hielt die Kontrolle straff und wirkte dennoch beflügelnd und sicher in der Vielfalt der Partitur. Aber vor allem konnte man mit den Solisten zufrieden sein. Und dabei hatten die es besonders schwer dank der ausgefallenen Ideen von Carlus Padrissa von La Fura.
Das fromme Libretto aus mehreren Versatzstücken enthält die sieben Tage der Schöpfung, startet nach dem Urknall mit Chaos bis zum ersten Jubelgetöse, wenn es heißt: „und es ward Licht!“, nach und nach schafft Gott Erde und Meer, Getier und zuletzt den Menschen, denn jemand muss das Werk preisen. Michele Salimbeni fügte für Projektionen noch weise klingende Sätze hinzu wie „Es gibt eine Vielzahl von Welten und möglichen Individuen, isoliert von jeglicher Raumzeit und Kausalität“. Die Solisten waren in blinkende Fantasy-Gewänder gehüllt und mussten zudem schwindelfrei sein. Denn der Bariton Daniel Schmutzhard und die Sopranistin Mari Eriksmoen als Erzengel bzw. Adam und Eva wurden weit unter die Decke gehievt per Hebekran. Aber nicht nur das, es ging auch unter Wasser, das Glasbecken wirkte wie ein Reagenzglas bei der Entwicklungsgeschichte des Menschen. Da hätte man dem tapferen, hervorragend singenden Paar doch fast Stuntmen gegönnt, wenn sie tropfnass ihre Arien singen müssen. Mit dem jungen Tenor Martin Mitterrutzner war ein weiterer Tiroler als Erzengel in die Schöpfungsgeschichte eingebunden, auch er machte seine Sache ausgezeichnet.
Der Chor spielte mitunter eine merkwürdige Rolle, etwa als Bändiger der Ballone, auf die manch bewegte Bilder projiziert wurden, oder als erbarmungswürdiges Flüchtlingshäufchen, das sich am Feuer auf Tabletmonitoren wärmte. Wobei manch Einfall auch humorvoller war, wenn etwa „in“die hochgereckten Tablets der Flüchtlinge Milch aus überdimensionalen Kuheutern floss. Zu sehen ist diese lang beklatschte performative HaydnHommage noch bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen und in der neuen Hamburger Elbphilharmonie.