Der Mann, der Trump unter die Lupe nimmt
Robert Mueller ist Jurist. Er gilt als furchtlos und durchsetzungsfähig – und er ist der Vorgänger des von Trump gefeuerten FBI-Chefs.
WASHINGTON. Den Ball flach halten – so redeten seine Berater dem Präsidenten im Oval Office zu. Soeben war das Weiße Haus darüber informiert worden, dass der frühere FBIDirektor Robert S. Mueller zum unabhängigen Sonderermittler in der Russland-Affäre des Trump-Teams ernannt worden war. Die Entscheidung des stellvertretende Justizministers Rod Rosenstein kam völlig unerwartet für Trump, der mit dem Rauswurf des unnachgiebigen FBIChefs James Comey die Ermittlungen eigentlich schnell hinter sich bringen wollte.
Rosenstein hatte das Weiße Haus nicht eingebunden, sondern den Präsidenten und sein Team vor vollendete Tatsachen gestellt. Rosenstein ist deswegen zuständig, weil sich Justizminister Jeff Sessions wegen Befangenheit durch frühere Kontakte zum russischen Botschafter in den USA, Sergej Kislyak aus den Russland-Ermittlungen heraushält.
In einer ersten Stellungnahme versuchte Trump seinen Ärger zu verbergen. „Ich erwarte, dass dieses Thema schnell beendet wird.“Später beklagte er sich auf Twitter darüber, dass „bei all den illegalen Handlungen, die es in Clintons Wahlkampfteam und in der Obama-Regierung gab“, nie Sonderermittler eingesetzt worden waren. Rosenstein betonte, die Berufung Muellers sei nötig, „damit das amerikanische Volk volles Vertrauen in die Ergebnisse haben kann“. Der Jurist Mueller, der wegen seiner Unbestechlichkeit höchstes Ansehen bei Republikanern und Demokraten genießt, erhielt einen Doppelauftrag: die Beziehungen Trumps und seines Wahlkampfteams zu Russland zu untersuchen, sowie „jede Angelegenheit, die direkt aus den Ermittlungen hervorgeht“.
Rechtsexperten wie Julie O’Sullivan von der Georgetown University sehen Ungemach auf den Präsidenten zukommen. Mueller sei angehalten zu prüfen, ob der Rauswurf Comeys und die Interventionsversuche Trumps den Tatbestand der Behinderung der Justiz erfüllten. Mueller kann parallel zum FBI selbst Zeugen anhören, Unterlagen anfordern und gegebenenfalls Klage erheben.
„Klug, zäh und hartnäckig, aber fair“, so bezeichnete Fran Townsend, einstige Beraterin von George W. Bush, den mittlerweile 73-jährigen Mueller. Präsident Barack Obama sah das nicht anders, als er sich 2008 entschied, den FBI-Direktor zu übernehmen, und den Kongress später darum bat, dessen Amtszeit um drei Jahre über die üblichen zehn Jahre hinaus zu verlängern.
„Das war die bestmögliche Wahl“, kommentierte Timothy Murphy, der Vorgänger Muellers an der Spitze des FBI, dessen Bestellung. „Er weiß, wie man ermittelt.“
Paul Ryan, der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses und bislang treue Diener Trumps, betonte, das Wichtigste sei nun, dass eine gründliche und unabhängige Untersuchung den Fakten folge – wohin auch immer sie führten. Muellers Ernennung sei im Einklang mit diesem Ziel, er begrüße sie.
Für großes Aufsehen sorgte am Donnerstag ein von der „Washington Post“veröffentlichter Mitschnitt eines privaten Treffens prominenter Republikaner im Juni 2016. Darin äußerte Republikaner Kevin McCarty am Tag nach der Enthüllung des russischen Hackerangriffs auf die Demokraten den Verdacht, Trumps Wahlkampf werde aus Moskau finanziert. „Ich glaube, es gibt zwei Leute, die Putin bezahlt – Rohrabacher und Trump“, sagte McCarthy. Dana Rohrabacher ist ein erzkonservativer Abgeordneter aus Kalifornien, der sich im Kongress als Putin-Versteher profiliert hatte. Der anwesende Speaker Paul Ryan beschwor die versammelten Runde, „nichts durchsickern zu lassen“. Die Angelegenheit müsse „in der Familie“bleiben.
Mittlerweile sind erste Absetzbewegungen zu beobachten. Der Trump-Haussender Fox TV informierte seine Zuschauer, es habe sich leider kein Republikaner finden lassen, der sich zur Einsetzung des Sonderermittlers äußern wolle. „Diese Geschichte hat die Dynamik in Washington verändert“, sagte Moderator Bret Baier.