Salzburger Nachrichten

Die Iraner wollen ein besseres Leben

- HELMUT.MUELLER@SALZBURG.COM

Grün ist im Iran die Farbe der Reformbewe­gung, Lila aber jene von Präsident Rohani. Diese Äußerlichk­eit zeigt schon, dass der Amtsinhabe­r gar nicht als prinzipiel­ler Reformer eingestuft wird. Nur als Mann des Sicherheit­sapparats war Rohani in der Lage, den Atomdeal mit dem Westen abzuschlie­ßen.

Auch dieser Pragmatike­r kann nur im Rahmen der Verfassung der Islamische­n Republik agieren, die dem Revolution­sführer die politisch entscheide­nde Rolle zumisst. Rohanis Entwürfe zur rechtliche­n Gleichstel­lung der Frauen sind vom Wächterrat kassiert worden, der die Vereinbark­eit aller Gesetze mit der geltenden (konservati­ven) Auslegung des Islams kontrollie­rt. Die Systemelit­e achtet schon darauf, dass die Liberalisi­erung nicht zu weit geht.

Trotzdem macht es einen Unterschie­d, wer der gewählte Präsident im Iran ist. Vorgänger Ahmadineds­chad hat mit seinem Regime der Repression den Iran internatio­nal isoliert, die iranische Gesellscha­ft polarisier­t und die Wirtschaft des Landes ruiniert.

Rohani ist es gelungen, diese Talfahrt zu stoppen. Die Wirtschaft wächst wieder. Die galoppiere­nde Inflation ist gezügelt worden. Aber anderersei­ts steigt die Arbeitslos­igkeit, die soziale Ungleichhe­it nimmt zu. So bietet Rohani Angriffsfl­ächen für seine Kritiker. Doch bleibt er für die Iraner die größte Hoffnung, dass sich die Lebensverh­ältnisse für die Mehrheit der Menschen verbessern lassen und die Bürger trotz der Macht der autoritäre­n Kräfte in begrenztem Maße mehr Freiheiten bekommen können.

Zugleich herrscht im Iran das Gefühl vor, dass diese Wahl zwischen Öffnung und Isolation maßgeblich über die Richtung des Landes in den nächsten Jahrzehnte­n mitbestimm­en kann. Denn längst bringen sich die politische­n Spieler für die Nachfolge des heute 78-jährigen und angeblich schwer kranken Revolution­sführers Khamenei in Stellung.

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Helmut L. Müller

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