Baukultur und Lebensqualität
Zum Artikel „Warum sind viele Bauten so hässlich?“vom 6. Mai: Wir finden es außerordentlich wichtig, dass auch die Öffentlichkeit sensibilisiert wird, in welchem baukulturellen Dilemma die zeitgenössische Architekturproduktion sich befindet. Ganz speziell die politischen Interessenlagen, die Sie am Ende Ihres Artikels resümieren, treffen den Nagel auf den Kopf. („Die Grünen legen Wert auf ökologische Standards, die ÖVP auf wirtschaftliche und die SPÖ auf soziale.“) Wo bleibt die Ästhetik?
Das Bewusstsein, dass das Stadtbild und die Lebensqualität einer urbanen Struktur sich nicht nur auf Kernzonen und die darin befindlichen Kulturbauten bezieht, sondern ganz speziell in der Quartiersbildung von neu errichteten Wohnanlagen wiedergefunden werden muss, ist in der Gesellschaft nicht wirklich präsent.
Es ist schwierig, Menschen davon zu überzeugen, dem idealisierten Bild des Einfamilienhauses in der Peripherie eine Absage zu erteilen und die Qualitäten eines urbanen Wohnraums erkennen zu lassen, wenn diese nicht einmal ansatzweise zu finden sind. Das heißt, es müssen qualitätsvolle Wohnungsensembles in zentrumsnahen Lagen geschaffen werden, um die andauernde Zersiedelung unseres Lebensraums und den damit verbundenen katastrophalen volkswirtschaftlichen Schäden entgegenzuwirken.
Das kann nur durch imagebildende und identitätsstiftende Baukultur erfolgen und das sollte uns als Gesellschaft etwas WERT sein! (= Gestaltung darf auch etwas kosten.) Die Sicherung der architektonischen Qualitäten sollte gerade deshalb in der Wohnbauförderung besser verankert sein und nicht von wirtschaftlichen Kennzahlen massiv eingeschränkt werden.
Ein großer Teil des Baubudgets wird jedoch durch die derzeitige Vernormung der Baubranche verbraucht. So wichtig Brandschutz, Schallschutz und Barrierefreiheit in ihren Grundsätzen sind, so überbordend und gestaltungshemmend treten die Vorschriften als wesentlicher Kostentreiber und Industriesponsoring in der Baubranche auf. Architekt Martin Oberascher Vorsitzender des Ausschusses Architekturwettbewerbe und Vergabe Salzburg Ziviltechnikerkammer Oberösterreich/Salzburg, 5020 Salzburg