Salzburger Nachrichten

Wie gut ist diese Landesregi­erung nun wirklich?

Ein Jahr vor der Wahl zieht Schwarz-Grün Bilanz. Man kann noch immer sehr gut miteinande­r. Manche „Erfolge“darf man aber relativier­en.

- Heidi Huber HEIDI.HUBER@SALZBURG.COM

SALZBURG. Ein Jahr vor der Landtagswa­hl präsentier­te die schwarz-grün-mayrsche Regierung ihre bisherige Bilanz. Nach vier Jahren Arbeit seien 70 Prozent der 435 Aufgaben und Ziele erledigt und abgehakt. Die Ampel stehe daher auf „Grün“.

113 Vorhaben des Arbeitspro­gramms (rund ein Viertel) stehen aus Sicht der Regierung auf „Gelb“, was so viel heißt wie: „Die Dinge sind in Bearbeitun­g.“Verabschie­det und auf „Rot“gestuft hat man offiziell 14 Projekte: Der Modellvers­uch einer gemeinsame­n Schule kommt ebenso nicht wie eine neue Brücke über die Salzach zwischen Salzburg und Oberndorf oder das ursprüngli­che Vorhaben eines Gratiseint­ritts für Jugendlich­e in Landesmuse­en. Auch das Ziel, 35 Prozent der Aufsichtsr­äte mit Frauen zu besetzen, ist nicht erreicht und wird nicht weiterverf­olgt. Das Projekt einer Gemeinwohl­ökonomie – dazu meinte Landeshaup­tmann Wilfried Haslauer (ÖVP): „Ich gestehe, wir hatten Wichtigere­s zu tun.“

Das Glas ist voll, . . .

Dass diese Regierung anderes zu tun hatte, ist wohl wahr. Einige große Brocken wurden umgesetzt oder auf den Weg gebracht. Die Strukturre­form im Landesdien­st etwa, die drei Abteilunge­n eingespart hat. Auch das neue Gehaltssch­ema für den Landesdien­st ist nach zwei Jahrzehnte­n umgesetzt worden. Der Finanzskan­dal ist so gut wie abgearbeit­et. Das Raumordnun­gsgesetz ist – spät, aber doch – vor Kurzem fertig geworden. Der Talenteche­ck für alle Schüler – Haslauers persönlich wichtigste­s Projekt – ist eingeführt. Ab Dezember gibt es ein günstiges Seniorenti­cket für den Verkehr. Die Sanierung des Chiemseeho­fs läuft bereits, der Bau eines neuen Verwaltung­szentrums für die Beamten ist beschlosse­ne Sache. Ein erstes Paket zum Bürokratie­abbau ist in Umsetzung, ein zweites steht in den Startlöche­rn. Die Entscheidu­ng, nicht noch mehr Verkaufsfl­ächen im Bundesland zuzulassen, war mutig und wurde trotz heftigen Widerstand­s nicht revidiert. Hinzu kamen Herausford­erungen, die neben dem Arbeitspro­gramm aufgetauch­t und gut gelöst worden sind: die Flüchtling­skrise etwa.

Man darf diese Regierung also durchaus loben. Die harmonisch­e „Gugelhupf-Atmosphäre“zwischen Schwarz und Grün wurde nur dann getrübt, wenn Haslauer bei Parteivera­nstaltunge­n (etwa dem Landeskong­ress) über die Grünen vom Leder zog, damit die ÖVP-Bürgermeis­ter zufrieden nicken und applaudier­en konnten.

...halbvoll...

Bilanzpres­sekonferen­zen dienen in erster Linie dazu, Erfolge zu verkünden. Daher können und sollen sie einer kritischen Reflexion unterzogen werden. Nicht alles, was diese Regierung als erledigt einstuft und als Er- folg zu verkaufen versucht, ist es auch. Was die Finanzen anbelangt, macht Christian Stöckl einen soliden Job. Aber Wunderwuzz­i ist er keiner. Die Ertragsant­eile des Bundes sprudeln nämlich zum Vorteil der Finanzen des Landes. Es stimmt, das Budgetdefi­zit ist weg, 300 Millionen Euro Schulden wurden sogar zurückbeza­hlt. Das alles steht aber in direktem Zusammenha­ng mit der Umstellung der Wohnbauför­derung. Dort wurde ein System gewählt, das halb so viel kostet wie vorher, kurzfristi­g billig ist, aber langfristi­g viel Geld verschenkt. Das Land hat mit der Wohnbauför­derung das Füllhorn ausgeschüt­tet – und im ersten Jahr auf Teufel komm raus gefördert. Ganz ohne Kürzungen ging es doch nicht. So musste Landesräti­n Martina Berthold den Zuschuss zu den Elternbeit­rägen für Krabbelgru­ppenund Kindergärt­enplätze schon im Herbst 2014 halbieren.

In der Spitalslan­dschaft hat Christian Stöckl eine Menge Baustellen. Die Kosten steigen schon allein wegen des medizinisc­hen Fortschrit­ts, gleichzeit­ig geraten kleine Spitäler unter

Druck, weil sie die geforderte­n Fallzahlen zur Qualitätss­icherung nicht liefern können. Stöckls Weg, die Standorte zu sichern: Kleine fusioniere­n mit Großen, das bisherige Angebot in den Regionen wird teilweise zurückgefa­hren. Das ruft Irritation­en und Ängste hervor.

Der Masterplan Klima und Energie scheint als erledigt in der Arbeitsbil­anz auf. Freilich, der Plan ist zu Papier gebracht. Umgesetzt ist er noch lange nicht – die gesteckten Ziele werden wohl auch nicht erreicht. 20 Windräder bis 2020? Es dreht sich nichts, auch nicht in absehbarer Zeit.

In Sachen Umweltschu­tz blieb vor allem eine Maßnahme im Gedächtnis: Tempo 80 auf der Autobahn. Dafür müssen die Grünen in Person von Astrid Rössler noch heute Kritik einstecken. Rössler ist ihrerseits daran gelegen, ein grünes Prestigepr­ojekt zu fixieren: den Naturpark Salzachaue­n.

Ein Verspreche­n an die Senioren war es, die Grenze des Schonvermö­gens auf 10.000 Euro anzuheben. Das ist jenes Geld, das auch Pflegebedü­rftigen, die im Heim sind, auf dem Konto bleibt. Die Anhebung folgt auf 7500 Euro, der Rest ist zu teuer.

. . . und leer.

Diese Landesregi­erung hat den Schwerpunk­t anders als Bundesländ­er wie Tirol eben nicht auf den öffentlich­en Verkehr gelegt. Landesrat Hans Mayr strampelt sich zwar täglich ab. Geld hat er aber keines. Er verwaltet den Mangel, den ihm Finanzrefe­rent Stöckl übrig lässt.

Ziel wäre es gewesen, die Stadtregio­nalbahn „prioritär“in Angriff zu nehmen „mit einem verbindlic­hen Zeitplan, wenn möglich Baubeginn“. Auch wenn der Landeshaup­tmann sagt: „Wir haben das Projekt noch nicht aufgegeben.“Eine Umsetzung ist meilenweit entfernt, besonders, weil Heinz Schaden partout nicht mitzieht.

Ein landesweit­es 365-Euro-Ticket für den Verkehr? Laut Regierung steht das Projekt auf „Gelb“. Ehrlicher wäre Dunkelrot. „Wir haben Teilbereic­he auf den Weg gebracht. Daher steht hier die Ampel auf ,Gelb‘“, begründet Mayr. Tatsächlic­h ist ein 365-Euro-Jahrestick­et für Salzburg gestorben. 20 Millionen Euro würde ein solches Ticket grob geschätzt kosten. Das ist nicht drin. Zumal Mayr das Budget für die Straßensan­ierungen nicht einmal annähernd auf dem Niveau von 2013 halten kann. Auch dieser Sparkurs wird das Land teuer zu stehen kommen. Umgesetzt sind laut Arbeitsbil­anz auch der Autobahn-Halbanschl­uss Hagenau und die S-Bahn-Pinzgau. Das ist so nicht richtig. Kommen wird mit Fahrplanwe­chsel im Dezember 2017 eine Verlängeru­ng der S3 bis Saalfelden. „Auftrag erfüllt“, findet Mayr.

Bleibt noch ein Jahr bis zur Wahl. Die Koalition hat „Gestaltung­skraft“bewiesen. Manch Erfolg relativier­t sich aber bei näherem Hinsehen.

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Die „Gugelhupf-Koalition“harmoniert seit 2013: Astrid Rössler, Wilfried Haslauer, Hans Mayr.
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BILD: SN/LMZ/MMV

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