Trump will sich das FBI gefügig machen
Doch daran sind schon andere gescheitert. Die Bundespolizei sieht sich nur der Verfassung verpflichtet.
WASHINGTON. Es herrscht Krieg. So beschreiben FBI-Mitarbeiter die Stimmung in dem nur wenige Hundert Meter vom Weißen Haus entfernten Hauptquartier . Das Federal Bureau of Investigation ist mit seinen 35.000 Mitarbeitern der mächtigste Polizei- und Geheimapparat der USA. Für Trumps Chefstrategen Stephen Bannon verkörpert das FBI den Inbegriff dessen, was er wenige Tage nach der Amtsübernahme des neuen Präsidenten als „deep state“denunzierte – ein dichtes Netz aus Bürokraten, Geheimdienstlern und Juristen, die darauf aus seien, den Erfolg des 45. Präsidenten zu sabotieren. So sieht es auch Donald Trump, der mit der Entlassung von FBI-Direktor James Comey am Dienstag einen Schlussstrich unter die Ermittlungen ziehen wollte, die vor mehr als einem Jahr begonnen haben. Schon längst geht es nicht mehr um die grob fahrlässige Nutzung eines privaten Servers der demokratischen Präsidentschaftskandidatin und ehemaligen Außenministerin Hillary Clinton. Die Ermittlungen konzentrieren sich auf die Hackerangriffe der Russen, auf den Versuch, die US-Wahlen zu beeinflussen, und auf angebliche Absprachen mit dem Wahlkampfteam Trumps.
Dass Comey nicht von diesen Ermittlungen lassen wollte, sondern immer hartnäckiger wurde, hat ihn letztlich den Job gekostet. Trump selbst betonte in einem Interview, dass „dieses Russland-Ding“eine Rolle gespielt habe. Dass Trumps Versuch, die Sache endlich zu stoppen, mit der Einsetzung eines Sonderermittlers für die Russland-Affäre endete, bezeichnete er als eine „beispiellose Hexenjagd“gegen ihn, die den Interessen der USA schade.
Sonderermittler Robert Mueller war von 2001 bis 2013 FBI-Chef und Vorgänger Comeys. An Mueller hat sich schon Präsident George W. Bush die Zähne ausgebissen, als er versuchte, ein geheimes Überwachungsprogramm ohne gesetzliche Grundlage zu verlängern. 2004 eilte Mueller mit dem damaligen stellvertretenden Bundesstaatsanwalt Comey an das Krankenbett von Justizminister John Ashcroft, um diesen von einer Unterschrift abzuhalten. Mit Erfolg.
Die Verteidigung der Unabhängig des FBI ist eine stolze Tradition, die auf den legendären FBI-Chef Edgar Hoover zurückgeht. Allerdings aus anderen Gründen. Hoover missbrauchte die Bundespolizei dafür, persönliche Macht auszubauen. Er überführte das 1908 gegründete Bureau of Investigation (BOI), das Er- mittlungen gegen Kriminelle über die Grenzen der Bundesstaaten koordiniert, 1937 in das FBI. Dort begann er systematisch Dossiers über Präsidenten, Politiker und Bürgerrechtler zu führen – Personen, die ihm irgendwie in die Quere kommen könnten. Nach seinem Tod 1972 fanden sich mehr als 1600 solcher Akten.
Heute ist gut dokumentiert, wie Hoover das Material einsetze. Er erpresste John und Robert F. Kennedy ebenso wie Martin Luther King. Seine bevorzugte Waffe: Indiskretionen über außereheliche Affären.
Mueller und Comey verteidigen die Unabhängigkeit der Behörde aus anderen Motiven. Sie verstehen das FBI als Garanten einer unabhängigen Justiz, die mit ihren Agenten für Sicherheit sorgt, aber auch die Verfassung der Vereinigten Staaten schützt. Comey sorgte nach seiner Berufung durch Barack Obama 2013 dafür, dass sich die FBI-Beamten in ihrer Ausbildung auch mit den düsteren Kapiteln ihrer Organisation beschäftigen. Auf seinem Schreibtisch bewahrte er als abschreckende Mahnung die Bewilligung zur Beschattung Martin Luther Kings auf – in Auftrag gegeben von Hoover und unterschrieben von Justizminister Robert F. Kennedy.
Donald Trump verkalkulierte sich kräftig, als er dachte, er könne sich den Zwei-Meter-Mann gefügig machen. Der Leitspruch des FBI „Fidelity, Bravery, Integrity“(deutsch: Treue, Mut, Rechtschaffenheit) ist Richtschnur für Comey. Vertraute berichten, er habe Treffen mit dem neuen Präsidenten stets mit Unbehagen entgegengesehen.
Im Februar soll Trump Comey aufgefordert haben, die Ermittlungen gegen den wegen seiner Kontakte zu Russland unhaltbar gewordenen Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn einzustellen. Comey ging nicht auf den Wunsch ein. Er bestätigte bei einer Anhörung im Senat sogar, dass das FBI „im Rahmen der Spionageabwehr“untersuche, ob es Kontakte zwischen Personen aus dem Umfeld Trumps und Russland gab. Als Comey mehr Ressourcen für die Ermittlungen anforderte, feuerte ihn Trump. Das Kräftemessen zwischen dem Weißen Haus und dem FBI ist damit nicht beendet. Mark Levin, der einen Dokumentarfilm über das FBI drehte und seine Kultur kennt, spricht von tiefen Gräben. Die Mitarbeiter fühlten sich durch den Rauswurf Comeys persönlich angegriffen. „Es gibt jede Menge Ärger.“
„Wir ermitteln im Rahmen der Spionageabwehr.“