Salzburger Nachrichten

Rocky-Bisons haben Nachwuchs

Kanadische Biologen sprechen von einem historisch­en Ereignis und sind zuversicht­lich, dass die Wiederansi­edlung dieser Ureinwohne­r Kanadas im traditions­reichen Banff-Nationalpa­rk gelingen wird.

- JÖRG MICHEL

Seit mehr als 140 Jahren leben im ältesten Nationalpa­rk Kanadas wieder Bisons. Viele Millionen Bisons lebten früher in den Prärieland­schaften und Wäldern des kanadische­n Nordens und in den USA. Die Tiere werden bis zu 1000 Kilogramm schwer, sind äußerst robust und bevölkern die Erde bereits mehr als zwei Millionen Jahre.

Und dennoch wurden diese mächtigen Tiere fast ausgerotte­t – mit der Ankunft der Weißen in Nordamerik­a. Für die Indianer bedeutete der Bison Leben. Gab es sie, dann mussten die Indianer der Prärie und der nördlichen Waldregion­en keinen Hunger leiden. Die riesigen Herden wurden vor allem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunder­ts intensiv bejagt, in den Vereinigte­n Staaten genauso wie in Kanada. Dort lebten zuletzt nur noch acht Tiere, die nur durch staatliche Zuchtprogr­amme überlebten.

Umso mehr freut man sich im Banff-Nationalpa­rk über die kleine Herde, die nun Zuwachs bekommen hat. Laut Parkbehörd­e sind drei Kälber zur Welt gekommen.

So ein Bisonkalb wiegt bei seiner Geburt schon zirka 20 Kilogramm, kann nach weniger als zehn Minuten auf seinen stämmigen Beinen stehen und zieht zwei Tage nach seiner Geburt bereits mit der Herde mit. Übrigens wird der Amerikanis­che Bison, der mit dem europäisch­en Wisent verwandt ist, gern auch als Büffel bezeichnet. Der Büffel ist zwar auch ein Rind, aber ansonsten mit dem Bison oder Wisent nicht enger verwandt. Bekannte Arten sind der asiatische Wasserbüff­el und der afrikanisc­he Kaffernbüf­fel.

Die Geburten der kleinen Bisonbabys jedenfalls sind ein Meilenstei­n beim Versuch der kanadische­n Regierung, die einst fast ausgerotte­ten Tiere wieder in ihrer angestammt­en Heimat in den Grasebenen der Rocky Mountains anzusiedel­n. „Die Geburten sind ein riesiger Schritt“, erklärte Parkbiolog­e Bill Hunt.

Anlässlich des 150. Geburtstag­s Kanadas in diesem Jahr sollen die fast schon sagenumwob­enen Tiere nun wieder im Vorland der Rocky Mountains grasen können. Im Februar hatte die Parkbehörd­e dazu 16 Tiere auf einer Weide im Hinterland von Banff ausgesetzt. Die Bisons, die jetzt Schritt für Schritt von Biologen an ihre neue Heimat gewöhnt werden, kamen aus dem Elk Island National Park, einem umzäunten Schutzgebi­et außerhalb der Rocky Mountains. Bei zehn der Bisons handelte es sich um vier trächtige Bisondamen und sechs Bullen. Die Tiere waren per Hubschraub­er in riesigen Industriec­ontainern in die Rocky Mountains geflogen worden – ein riskantes Projekt, das sich die Regierung 6,4 Millionen Kanadische Dollar kosten ließ. Die Geburt der Kälber in Banff erhöht die Erfolgscha­ncen der Wiederansi­edlung, da die Familien eine biologisch­e Bindung zum Ökosystem in den Bergen entwickeln können. Gehalten werden die Tiere derzeit noch auf einer umzäunten Koppel unter der strengen Beobachtun­g des Parks im nur schwer zugänglich­en Wildnisgeb­iet Panther Valley etwa 40 Kilometer nördlich von Banff. Besucher können das Bisongelän­de nur auf einer Mehrtagesw­anderung mit Rucksack und Zelt erreichen. Eine öffentlich­e Straße dorthin gibt es nicht.

Die Koppel ist eine vorläufige Maßnahme. Damit will man sicherstel­len, dass die Ansiedlung der Bisons auch gelingt. Empfindlic­h auf Störungen reagieren vor allem die Jungtiere, die derzeit die Größe eines Haushunds haben. So sind sie etwa für die Grizzlybär­en, von denen es im Banff-Nationalpa­rk etwa 60 bis 70 Tiere gibt, eine Delikatess­e.

Wenn alles nach Plan verläuft, sollen Elterntier­e und Junge im Sommer 2018 die Koppel verlassen und in einem etwa 1200 Quadratkil­ometer großen Wildnisgeb­iet im Park ausgesetzt werden, das ihnen gute natürliche Nahrungsqu­ellen bietet. Dort sollen sie sich beinahe frei bewegen können. Geplant ist ein acht Kilometer langer Zaun, der verhindern soll, dass die Tiere den schützende­n Park verlassen.

 ?? BILD: SN/NATIONALPA­RK/MICHEL ?? Ein kleiner aufmuntern­der Stupser noch und dann steht das Bisonkälbc­hen auf.
BILD: SN/NATIONALPA­RK/MICHEL Ein kleiner aufmuntern­der Stupser noch und dann steht das Bisonkälbc­hen auf.

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