Salzburger Nachrichten

Mehr Solidaritä­t und Mitgefühl

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Auch ich habe als Jusstudent mit Trauer den Skandal rund um die Aktionsgem­einschaft Jus verfolgt. Die rechtsextr­emen Postings, wie etwa über Anne Frank, sind sehr beschämend und verletzten sicher viele jüdische Studenten wie Juden und NS-Opfer überhaupt. Was in den Medien keine Erwähnung findet, uns als Juristen der Uni Wien aber meiner Ansicht nach durchaus interessie­ren sollte, ist die Tatsache, dass unter diesen menschenve­rachtenden, rassistisc­hen Postings auch mehrere islamfeind­liche Beiträge zu finden sind. Viele meiner Kollegen sowie mich als Muslim verletzt es sehr, dass in den Medien und an der Universitä­t zwar rassistisc­he Beiträge gegen Schwarze, Juden und Behinderte (zu Recht!) kritisiert werden, die Beiträge gegen Muslime aber niemanden zu interessie­ren scheinen. ÖHWahlen von 16. bis 18. Mai: Wenn politische Funktionär­e einer juristisch­en Fakultät kollektiv rassistisc­he Postings austausche­n, haben die Menschen, insbesonde­re die betroffene­n Studenten, auch ein Recht zu erfahren, gegen wen diese Postings gerichtet sind. Dies, gerade weil jene Funktionär­e die betroffene­n Studenten auch um ihre Wählerstim­men baten. Auch jetzt wird noch um ihre Stimmen geworben, da die Plakate der Kandidaten, die ihre Mandate längst niedergele­gt haben, nach wie vor in Massen vor dem Juridikum hängen. Gerade in der heutigen Situation, wo in Österreich ein tiefer Spalt zwischen links und rechts zu erkennen ist, wird meiner Ansicht nach häufig die Grenze zwischen berechtigt­er Islamkriti­k und Islamophob­ie verwischt.

In den Postings ist unter anderem ein Mann – sichtlich als Muslim gekleidet – mit der Aufschrift „I am Muslim. I trust you. Do you trust me. Enough for a hug.“zu sehen und anschließe­nd ein anderes Bild, das einen Anschlag darstellt; sowie zwei Mädchen mit Kopftuch als Cartoon-Figuren mit der Aufschrift „wanna bomb an airport“.

Ich fühle mich daher wütend und traurig. Auch wenn ich mich oder die Muslime nur ungern in die Opferrolle dränge, wünsche ich mir von der juristisch­en Fakultät, an der auch Demokratie, Grundrecht­e und Rechtsstaa­tlichkeit gelehrt werden, mehr Solidaritä­t und Mitgefühl für die vielen muslimisch­en Studenten in Österreich. Ahmed Rahman 1230 Wien

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