Chaos im Regierungsbunker
Aus gegebenem Anlass geht es heute um das Chaos. Das griechische Wort bezeichnete ursprünglich die klaffende Leere des Weltraums, die den Menschen immer Angst machte. Gegen das, was unsere Regierung aufführt, ist die klaffende Leere des Weltraums aber eine bis an die Decke gerammelt volle Lagerhalle. Experten würden die Regierung eher als kläffende Leere bezeichnen.
Wobei interessant ist, dass beide Streitteile laut Selbstauskunft nichts als „konstruktive Arbeit“leisten, um „Chaos vom Land abzuwenden“. Bange Frage: Wie schaut das erst aus, wenn SPÖ und ÖVP einmal keine konstruktive Arbeit für das Land und die Menschen leisten? Schlammcatchen? MaschinengewehrDuelle? Atomkrieg?
Man muss den Herren wirklich dankbar sein, dass sie Österreich derart frei von Chaos halten. Gäbe es hierzulande noch die praktische Einrichtung des Adels, hätten sich die Regierungsspitzen längst die Erhebung zu Freiherrn von Chaos verdient.
Es gab in Wien übrigens schon einmal einen Adeligen dieses Namens. Der Freiherr von Chaos war im 17. Jahrhundert Oberster Münzmeister von Österreich, also für die korrekte Herstellung der Münzen verantwortlich. Insofern war es eine seltsame Laune des Schicksals, dass er gleichzeitig einem alchemistischen Hobby frönte, nämlich der Goldmacherei. Ob er seine Einkünfte aus dem Beruf oder dem Hobby zog, ist nicht bekannt, jedenfalls wurde der Freiherr von Chaos ein vermögender Mann.
Mit seinem Geld stiftete er ein Waisenhaus im heutigen Wiener Stadtteil Mariahilf. Später zog dort eine Schule für Kriegsingenieure ein, woraus sich die bis heute bestehende Stiftskaserne entwickelte. Jetzt befindet sich im ehemaligen Chaos’schen Stiftungshaus – was schon für mancherlei launige Bemerkungen Anlass gab – die Landesverteidigungsakademie, also die Denkfabrik des österreichischen Bundesheeres. Gleich neben dem Chaos’schen Stiftungshaus steht der sogenannte Regierungsbunker. Dorthin kann sich die Bundesregierung im Falle eines äußeren Chaos in ihr inneres zurückziehen.
Wobei ein Lokalaugenschein der SN kürzlich ergab, dass im Chaos’schen Regierungsbunker von klaffender Leere keine Rede sein kann. Im Gegenteil: Der Bunker beherbergt eine Vielzahl winziger Kämmerchen, in denen im Falle von Chaos (äußerem) die Regierungsmitglieder teilweise in Stockbetten untergebracht würden. Nach den Ereignissen der zur Neige gehenden Woche kann man sich lebhaft vorstellen, welcher Koalitionsstreit sich im Falle des Falles an der Frage entzünden wird, wer oben und wer unten schlafen darf.
Es wäre etwa so: Reinhold Mitterlehner hat das untere Bett bis oben hin satt und verlässt unter Protest den Regierungsbunker. Christian Kern verlangt, dass er weiterhin oben liegt und Sebastian Kurz unter ihm schlafen muss. Kurz fordert ein eigenes Zimmer, in dem er ganz allein das Sagen hat, im Bedarfsfall aber eine 50-prozentige Frauenquote zur Anwendung bringen darf.
Ins Bett unter Kern schickt Kurz seinen Justizminister Wolfgang Brandstetter, was Kern zum größten Skandal der Jetztzeit erklärt. Als Reaktion ruft er das freie Spiel der Stockbetten-Plätze aus, akzeptiert aber letztlich doch Brandstetter als unteren Bettnachbarn.
Auslöser der Krise war übrigens Innenminister Wolfgang Sobotka, der Kanzler Kern in impertinenter Weise vorgeworfen hatte, dass er schnarche. Aber woher will er das eigentlich wissen? Im Regierungsbunker gibt es doch keine Dreierstockbetten, oder?
Die Nachbarschaft zum Chaos’schen Stiftungshaus muss jedenfalls irgendeine negative Ausstrahlung haben. Vielleicht sollte die Koalition doch lieber den Regierungsbunker in St. Johann nutzen. In Salzburg gibt es kein Chaos.