Haslauer und Kurz haben viel gemeinsam
Der Landeshauptmann und der ÖVP-Jungstar haben den Zug zur Macht. Und sie beherrschen die nötigen Techniken, diese auch zu erlangen.
Es ist eine Momentaufnahme: Sebastian Kurz und Wilfried Haslauer treffen gemeinsam zum Bundesparteivorstand der ÖVP ein, der den jungen Außenminister wenig später zum Obmann der ÖVP designiert und mit weitreichenden Vollmachten ausstatten wird.
Das Bild wurde vor sechs Tagen aufgenommen und erschien in fast jeder Zeitung. Es sagt eine ganze Menge mehr aus, als darauf zu sehen ist. Da verstehen sich zwei offenbar. Der Außenminister (30) und der Salzburger Landeshauptmann (61) haben viel gemeinsam – zum Beispiel Risikobereitschaft.
Obwohl ein Merksatz der heimischen Innenpolitik besagt, dass der Wähler den bestraft, der Neuwahlen vom Zaun bricht, taten beide genau dieses. Haslauer beendete Ende 2012 nach Ausbruch des Finanzskandals die Große Koalition in Salzburg. Kurz sprengte Rot-Schwarz im Bund erst vor wenigen Tagen, indem er sich als erster Politiker offensiv für eine Neuwahl aussprach. Haslauer ging 2013 bekanntlich trotz herber Stimmverluste für die Salzburger Volkspartei als Nummer eins durchs Ziel. Kurz muss im kommenden Herbst erst beweisen, ob er das kann.
Was die beiden weiters eint, ist ihre Durchsetzungskraft gegenüber Bedenkenträgern in den eigenen Reihen. Sie scheuen sich nicht, eine glaubwürdige Drohkulisse aufzubauen: So haben Haslauer und Kurz keinen Zweifel daran gelassen, dass sie nicht mehr zur Verfügung stehen, sollten ihre Bedingungen nicht erfüllt werden. Das gelingt ihnen umso leichter, da parteiinterne Opponenten keine personelle Alternative zu bieten haben: Diese fehlte 2012 in der ÖVP Salzburg, diese fehlt 2017 in der Bundespartei.
Eine auffällige weitere Parallele zwischen Haslauer und Kurz findet sich in der Flüchtlingsund Integrationspolitik. Im Ton sind beide gemäßigt und um Ausgleich bemüht, in der Sache aber beinhart. Haslauer war es, der die Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen forderte. Kurz war es, der die Schließung der Balkanroute mit den Nachbarstaaten orchestrierte. Auf beiden bis heute umstrittenen Maßnahmen fußt die gesamte österreichische Flüchtlingsund teils auch Europapolitik.
Der schwarze Jungstar und der einstige Quereinsteiger (Haslauer kam erst als 48-Jähriger in die Politik) scharen um sich ein Team von loyalen, oft jungen Gefolgsleuten. Diesen vertrauen sie mehr als dem herkömmlichen Parteiapparat und seinen Honoratioren. Darin ähneln sie dem ehemaligen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel. Haslauer nennt den Ex-Kanzler als sein politisches Vorbild.
Schüssel ist tatsächlich nicht der schlechteste Lehrmeister, wenn es um die Techniken der Macht geht. Als „Wende-Kanzler“, der die ÖVP im Jahr 2000 von Platz drei aus zurück ins Kanzleramt gebracht hat, genoss er Dankbarkeit und Bewunderung in seiner Partei. Diese war so groß, dass er keine
Statutenänderungen und Durchgriffsrechte brauchte. Einen ähnlichen Status hat Haslauer in Salzburg, nachdem er das 2004 an die SPÖ verloren gegangene Amt des Landeshauptmanns zurückgeholt hat. Die Grünen als Regierungspartner sind beileibe nicht nach dem Geschmack aller in der ÖVP Salzburg. Viele Bürgermeister sowie Teile der Wirtschaft haben ihre Probleme mit Tempo 80 und Raumordnung. Aber sie halten still, solange ihr Parteichef Erfolg hat. (Bei Kurz reicht noch die bloße Hoffnung auf Erfolg aus, um ihm Gefolgschaft zu sichern.)
Sobald sich das Glück aber wendet, wendet sich auch die Partei ab von ihrem Obmann. Das wissen Haslauer und Kurz natürlich.