Die Mafia scheint unbesiegbar
Vor 25 Jahren starb Mafia-Jäger Falcone. Die Clans haben immer noch ihre Hände mit im Spiel: Bei der Flüchtlingsunterbringung oder im Fußball – und das nicht nur in Italien.
PALERMO. Es gibt ein Datum, das wie kein anderes einen Wendepunkt im Kampf gegen die Mafia darstellt. Am 23. Mai 1992 wurde das Auto des berühmtesten MafiaJägers Italiens, Giovanni Falcone, mit einer 500-Kilo-Bombe in die Luft gejagt. Der Mord löste einen Sturm der Entrüstung aus, der Staat ging seitdem entschiedener gegen die kriminellen Gruppen vor. 25 Jahre später ist die sizilianische Mafia auf dem Rückzug. Doch andere Gruppierungen haben an Einfluss gewonnen. Die Mafia macht weniger mit spektakulären Morden von sich reden – und verdient Geld jenseits des Drogenhandels.
„Es gibt eine Neigung, die Mafia zu unterschätzen, solange sie nicht tötet“, sagt Laura Garavini, Abgeordnete der sozialdemokratischen Regierungspartei PD und Mitglied in der Anti-Mafia-Kommission des italienischen Parlaments. „In Norditalien ist die Mafia aus diesem Grund ebenfalls lange unterschätzt worden. Mit dem Ergebnis, dass sie sich einschleicht.“Garavini definiert die Mafia als international agierende Firma, die immer dahin geht, wo Geld zu verdienen ist.
Das belegt das jüngste Beispiel aus Italien: An den Mittelmeerküsten im Süden kommen derzeit die meisten Flüchtlinge in Europa an. Die EU stattet das Land mit Millionen aus, um die Migrationskrise zu schultern. Nun wurde bekannt, dass die kalabrische ’Ndrangheta bei der Flüchtlingsunterbringung kräftig mitverdient.
Auch vom sprudelnden Millionen-Geschäft im Fußball schöpft die Mafia offenbar etwas ab – sie soll bis zu Italiens Rekordmeister Juventus Turin vorgedrungen sein. Die Führungsspitze des Vereins muss sich seit einiger Zeit gegen den Vorwurf wehren, Kontakte zwischen Fangruppen und der ’Ndrangheta nicht verhindert und damit den Mafiosi im Geschäft mit den begehrten Tickets in die Hände gespielt zu haben.
Bau und Immobilien, Obst und Gemüse, Müll, Drogen – die Liste der Branchen, in denen die Mafiosi mitmischen, ist lang. Dass die Mafia nicht nachhaltig bekämpft werden kann, dafür machen italienische Politiker wie Garavini auch die Gesetzgebung anderer Länder verantwortlich. In Italien ist schon die Mitgliedschaft in einer Mafia-Gruppierung eine Straftat – im Oktober forderte das Europäische Parlament die Mitgliedsstaaten in einer Resolution dazu auf, dem Beispiel Italiens zu folgen.
Doch derart strenge Anti-MafiaGesetze gibt es etwa in Deutschland nicht. Mit der Folge, dass Vermögen aus Mafia-Besitz nicht einfach abgeschöpft oder Immobilien konfisziert werden können. „Die Mafia nutzt dies, um besonders dort aktiv zu werden. Weil sie die Gewissheit haben, dass sie dort ihre Geschäfte vorantreiben können und mutmaßlich straffrei bleiben“, sagt Garavini.
Die Mafia ist unsichtbarer geworden – wer sich aber ernsthaft mit ihr anlegt, riskiert wie Falcone sein Leben. Der Untersuchungsrichter ist noch heute in Italien ein Nationalheld. Er wusste, wie die „Krake“funktionierte, ihm gelang es, Mafiosi zum Reden zu bringen.
An ein Ende der Mafia-Herrschaft glaubte Falcone immer. Wie eines seiner berühmtesten Zitate zeigt: „Es ist ein menschliches Phänomen und wie alle menschlichen Phänomene hat es einen Anfang und wird ein Ende haben.“