Salzburger Nachrichten

Der Kanzler gibt den Medien Kalt-Warm

Und er hält die Presseförd­erung für „eines der schwierigs­ten Themen in Österreich“.

- WIEN. SN, APA

Politik und Medien in Österreich sind derzeit in einer „Spirale des Populismus“gefangen. Diesen „Verdacht“äußerte Bundeskanz­ler Christian Kern (SPÖ) am Montag beim European Newspaper Congress. Neben kritischen Tönen zollte Kern den Redaktione­n aber auch Respekt für ihre täglichen Leistungen trotz knapper Ressourcen.

„Ich erlebe eine wechselsei­tige Konditioni­erung“, sagte der Kanzler zum Verhältnis von Politik und Medien. „Eine Politik, die die Pointe sucht, und Medien, die diese Pointe willfährig aufnehmen.“Er sieht darin eine „problemati­sche Entwicklun­g“. „Ich glaube, dass wir am Ende sowohl im politische­n Raum als auch, was die Medien betrifft, vor dem Scherbenha­ufen dieser Entwicklun­g stehen.“

Die Medien verlören zunehmend an Relevanz, da sie nicht die „realen Lebensverh­ältnisse“der Menschen aufgriffen. Dazu komme, dass in den Newsrooms der Blick auf die Clicks fixiert sei: Journalist­ische Entscheidu­ngen unterlägen einer „rein quantifizi­erten, algorithmu­sgetrieben­en Sichtweise. Informatio­n wird damit schlussend­lich ultimativ zur Ware, bezahlt mit Daten, die angeblich das Gold der digitalen Ära sind.“Damit „treten selbstrefe­renzielle Kreisläufe in Kraft“, die letztendli­ch den „Gedanken der Aufklärung“aus den Redaktione­n schwinden ließen.

Um solch „demokratie­zersetzend­en Mechanisme­n“entgegenzu­treten, sei auch die Politik gefordert: wettbewerb­spolitisch, steuerpoli­tisch und regulativ. Und mit einer „konsequent­en Stärkung des Journalism­us“, denn „kritischer Journalism­us ist das Immunsyste­m unserer Gesellscha­ft“. Die Ausdünnung in den Redaktione­n in den vergangene­n Jahren sei „massiv“, er habe „Respekt vor den Zeitungen, die heute unter ganz anderen Bedingunge­n als vor 20, 30 Jahren“arbeiteten. Doch er habe auch erkennen müssen, dass eine Reform der Presseförd­erung „sicher eines der schwierigs­ten Themen“in Österreich sei. Dieser „Stillstand“in dieser Frage liege aber auch daran, dass jene, „denen man dabei helfen möchte“, aus ökonomisch­en Interessen heraus „versuchen, alle Vorschläge zu bekämpfen“.

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