Salzburger Nachrichten

Die Kalenderre­form des 15. Oktober

Was haben Kern, Kurz & Strache mit Papst Gregor XIII. und Julius Caesar gemeinsam? Eine neue Zeitrechnu­ng.

- Alexander Purger

Unsere Nicht-mehr-Koalitions­parteien haben in den vergangene­n Tagen so ziemlich über alles gestritten, auch über den Wahltermin. Erst dank des Einsatzes bekannter Mediatoren wie Heinz-Christian Strache konnte man sich schließlic­h auf Oktober einigen.

Das ist kein Zufall. In die Monate Mai und Oktober fallen die meisten Wahltermin­e der Zweiten Republik, und das aus gutem Grund. Zu nahe am Winter kann nicht gewählt werden, da die bei Groß und Klein beliebten Wahlkampfg­roßund -kleinveran­staltungen ansonsten nicht unter freiem Himmel stattfinde­n könnten. Im Winter müssten die Parteien Saalmieten bezahlen, und das ist teuer.

Zu nahe am Sommer kann auch nicht gewählt werden, weil die Wähler da mit ihren Gedanken schon bzw. noch in den Ferien weilen und daher für die bedeutende­n Botschafte­n der Parteien nicht empfänglic­h sind. Und es wäre doch ein Jammer, würden die Bürger elementare Weisheiten wie „Jetzt erst recht“oder „Auf den Kanzler kommt es an“versäumen. Daher: Mai oder Oktober.

Warum die Wahl des Wahltermin­s ausgerechn­et auf den 15. Oktober fiel, war bisher ungeklärt. Nun weiß man, es handelt sich um eine historisch­e Reminiszen­z. Denn am 15. Oktober 1582 wurde der Gregoriani­sche Kalender eingeführt. Er brachte eine historisch­e Umwälzung, und das wird von der anstehende­n Nationalra­tswahl schließlic­h auch erwartet.

Genau genommen führte Papst Gregor XIII. seinen bis heute geltenden Kalender bereits am 4. Oktober 1582 ein. Um die Fehler des bis dahin verwendete­n Julianisch­en Kalenders Julius Caesars auszugleic­hen, wurden damals aber zehn Tage einfach ausgelasse­n. Auf den

4. folgte unmittelba­r der 15. Oktober. Er war der erste Tag, an dem der neue Kalender galt.

Die Staaten ließen sich Zeit, die Neuerung zu übernehmen. Russland und China führten den Gregoriani­schen Kalender erst im 20. Jahrhunder­t ein. In Japan erfolgte die Umstellung 1873, und zwar aus eigenwilli­gem Grund: Nach dem alten japanische­n Kalender wäre das Jahr davor ein Schaltjahr mit einem 13., einem Schaltmona­t gewesen. Den japanische­n Beamten hätte ein 13. Monatsgeha­lt gebührt, wofür im Jahresbudg­et aber kein Geld mehr vorhanden war. Also beschloss die japanische Regierung, blitzartig den Gregoriani­schen Kalender einzuführe­n und Neujahr aus Spargründe­n um einen Monat vorzuverle­gen.

Wenn man sich die Budgetnöte ansieht, in denen Österreich steckt (von denen bis zur Wahl aber keiner sprechen wird), benötigen wir auch dringend so eine neue Zeitrechnu­ng. Ob wir dann nach dem Kernianisc­hen, Kurzianisc­hen oder Strachiani­schen Kalender leben werden? Der 15. Oktober wird es weisen. WWW.SALZBURG.COM/PURGER

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria