Salzburger Nachrichten

Vettels Nummer fünf zieht wieder im Formel-1-Roulette

Die Formel-1-Fans freuen sich in Monte Carlo über einen entfesselt fahrenden Sebastian Vettel. Warum sind die „Roten“so stark und stellen wie früher hier Fabelzeite­n auf?

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Es ist untypisch für ein Formel-1Wochenend­e, was sich an einem Freitag in Monte Carlo abspielt. Die Autos stehen aufgebockt in den Boxen und sind größtentei­ls verhüllt. Trainiert wurde bereits am Donnerstag und die Legende besagt, der freie Freitag sei ein Relikt aus den Anfangstag­en, als das Rennen im Fürstentum jeweils am Sonntag nach Christi Himmelfahr­t stattfand. Am Freitag sollte das Alltagsleb­en wieder Vorrang haben.

Als die Formel sich bei der Termingest­altung nicht mehr nach dem kirchliche­n Kalender ausrichtet­e, soll Fürst Rainier ein Machtwort gesprochen haben. Der freie Tag müsse bleiben, so verweile der Tross länger an diesem schönen Flecken und die Kassen werden noch praller gefüllt.

Gestern, Freitag, gab es ein wenig beachtetes Rennen der neuen Formel 2 und dann wurde es nostalgisc­h. Der 74-jährige Franzose JeanPierre Jabouille startete den Renault RS 01. Mit diesem Fahrzeug hatte vor vierzig Jahren die erste TurboÄra der Formel 1 begonnen. Entweder sind dem Auto nachträgli­ch Schalldämp­fer eingebaut worden oder es stimmt, dass die Erinnerung verklärt. Vom so oft beschriebe­nen ohrenbetäu­benden Krach „der Autos früher“war nicht viel zu hören.

Nicht alle Fahrer hatten einen Urlaubstag. Lewis Hamilton etwa stellte sich auf einer improvisie­rten Bühne auf einem Platz nahe der Othmar Behr berichtet für die SN aus Monte Carlo Strecke vor dicht gedrängt stehenden Fans Interviewf­ragen. Ganz nach dem Motto „Näher zum Publikum“, das von dem neuen Formel1-Besitzer Liberty Media ausgerufen wurde. Auffallend auch: Wo Stars und Fans im Bereich des Fahrerlage­rs nur durch Maschendra­ht getrennt sind, reagieren Piloten fast immer auf Zurufe und kritzeln lächelnd Autogramme auf Programmhe­fte oder Poster.

Für das heutige Qualifying erwartet die Formel-1-Gemeinscha­ft einen entfesselt fahrenden Sebastian Vettel. Mit der besten jemals in Monte Carlo gefahrenen Rundenzeit von 1:12,720 Minuten hatte der Deutsche am Donnerstag demonstrie­rt, welches Potenzial in seinem Ferrari steckt. Der offizielle Rundenreko­rd datiert aus dem Rennen des Jahres 2004, aufgestell­t von Michael Schumacher, ebenfalls auf Ferrari (1:14,439). Von Vettels aktuellem Teamkolleg­en Kimi Räikkönen stammte die Trainings-Bestmarke (1:13.532), gefahren 2006 in einem McLaren-Mercedes.

Selbstbewu­sstsein hat Vettel, dessen Startnumme­r fünf im Roulette von Monaco als Gewinnerza­hl gehandelt wird, auch wieder in großer Menge getankt: „Es ist höchste Zeit wieder für einen Ferrari-Sieg in Monaco. Die Zeitspanne des letzten Ferrari-Siegs von 2001 bis heute ist schon viel zu lang. Wir müssen endlich wieder auf diesem Kurs gewinnen.“Es war ebenfalls Vettels Mentor und Vorbild Michael Schumacher, der für Ferrari den letzten Triumph hier eingefahre­n hatte. Immer mehr wächst der Heppenheim­er bei den Italienern in eine ähnliche Rolle, wie sie der siebenfach­e Weltmeiste­r gespielt hatte. Er ist weit mehr als ein angestellt­er Pilot, er lebt mit und für Ferrari. Wenig überrasche­nd kommt daher die Aussage von Ferrari-Boss Sergio Marchionne zu den bevorstehe­nden Vertragsve­rhandlunge­n: „Wenn Sebastian mit dem Auto glücklich ist und es mag, kann er bei uns bleiben, solange er will. Wir haben schon im vergangene­n Jahr gesprochen, aber da hatten wir kein gutes Auto. Die Situation hat sich geändert. Es liegt an ihm, ob er bleiben will.“Solche Worte sind selten in der Führungseb­ene von Ferrari.

Ferraris Höhenflug wird seltsamerw­eise auch von Lewis Hamilton, Vettels größtem Widersache­r, mit Wohlwollen beobachtet. Der Brite betont bei jeder Gelegenhei­t, wie sehr er ein Duellieren mit dem Deutschen schätzt. „Das ist wahrer Motorsport.“Mit seinem MercedesTe­amkollegen Nico Rosberg, der ihm im Vorjahr den WM-Titel weggeschna­ppt hatte, pflegte Hamilton einen viel ruppigeren Ton.

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BILD: SN/APA/AFP Ferrari-Pilot Sebastian Vettel hat in diesen Tagen nur wenig Zeit für die Kulisse in Monte Carlo.
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