Katars Herrscher soll sich unterwerfen
Saudi-Arabien will die Kontrolle über den TV-Sender Al-Dschasira. Donald Trump droht seine „Vermittlung“in dem Konflikt an.
Saudi-Arabien will eigensinnigen Nachbarn Tamim al Thani in die Knie zwingen.
Mit Sorgenfalten und einem Anflug von Sarkasmus haben arabische Kommentatoren auf die Ankündigung von US-Präsident Donald Trump reagiert, sich als Vermittler im Streit um Katar einzuschalten. Die Absichtserklärung sei zwar lobenswert, sagte der Mitarbeiter eines strategischen Instituts in Dubai, der ungenannt bleiben wollte. Allerdings könne man wohl nicht davon ausgehen, dass Trump über genügend Insiderwissen sowie die notwendige Geduld verfüge, um den Dauerkonflikt zwischen Riad und Doha nachhaltig zu entschärfen.
Es sei ja Donald Trump selbst gewesen, der während seines Besuchs in Riad mit kritikloser Unterstützung der saudischen Nahost-Strategien die Herrschenden erst zu ihrem offensiven Vorgehen gegenüber Katar inspiriert habe, kommentierte ein europäischer Diplomat in Abu Dhabi die schwere Krise auf der Arabischen Halbinsel. Auch der milliardenschwere Waffendeal mit Riad dürfte von den saudischen Empfängern nicht gerade als Signal zu einem friedlichen Dialog aufgefasst worden sein.
Eine Sprecherin des Weißen Hauses betonte noch am Montag, Trump wolle mit allen Beteiligten sprechen, um die Lage zu beruhigen. Tags darauf blamierte der USPräsident sein Team wieder einmal. Er habe in Riad gefordert, dass es keine Unterstützung radikaler Ideologien mehr geben dürfe. Daraufhin hätten andere Staatenlenker auf Katar gezeigt, schrieb er Dienstag auf Twitter. Er beendete seinen Tweet mit „Seht!“(„Look!“) und legte nahe, die aktuelle Entwicklung sei folgerichtig.
Der Emir von Kuwait betonte dagegen, allen Bemühungen um Entspannung „zwischen Brüdern“müsse eine Chance gegeben werden. Er ersuchte die Herrscherfamilie in Katar eindringlich darum, den saudischen Strafkatalog nicht mit Gegenmaßnahmen zu beantworten. Nur so könne eine weitere Eskalation verhindert werden. Dazu scheint Katar wohl auch bereit. Die Regenten sind ganz offensichtlich um Schadensbegrenzung bemüht. Sich Saudi-Arabien vollständig unterwerfen, wie es das Königreich Bahrain getan hat, möchte sich Katar freilich nicht. Das reichste Land der Welt kennt die Forderungen der Saudis seit Langem: Es ist der vollständige Bruch mit der Muslimbruderschaft, deren „islamische Demokratie“von den arabischen Autokraten als existenzielle Bedrohung angesehen wird. Zudem soll der Fernsehsender Al-Dschasira nicht mehr über „Aktivitäten von Staatsfeinden“berichten.
Im Kern geht es Riad um die totale Kontrolle der arabischen Medien. Schon jetzt haben die Saudis die wichtigsten arabischen Tageszeitungen und alle großen TV-Sender in der Hand – außer Al-Dschasira. Mit dem medialen Schutzwall soll negative Berichterstattung verhindert und sichergestellt werden, dass das antiiranische und antischiitische Denken der Saudis in den Köpfen der Araber nachhaltig manifestiert wird. Ein Ausgleich mit Teheran, wie ihn Katar anstrebt, grenzt in den Augen Riads an Hochverrat und wird entsprechend hart bestraft.
Kompromisslösungen mit Doha schließt das saudische Königshaus im Moment aus. Diesen Eindruck gewinnt man zumindest nach einem Blick in saudische Staatsmedien. Unter der Überschrift „Fünf Staatsstreiche in 46 Jahren – Sechster Coup wahrscheinlich“ermunterte die viel gelesene Tageszeitung „Al Riyad“Mitglieder der katarischen Herrscherfamilie al Thani zur Entmachtung des erst 34 Jahre alten Emirs Tamim bin Hamad al Thani. Ein einflussreicher Zweig der al Thanis, behauptet das Blatt, bereite mit Unterstützung des Militärs einen Machtwechsel vor.
Es wäre der sechste Putsch in dem winzigen Emirat: 1995 hatte der Vater des amtierenden Emirs seinen Vater abgesetzt, als sich dieser zu einem Gesundheitscheck in Genf aufhielt. Sein Vorgänger war 1972, ein Jahr nach der Unabhängigkeit von Großbritannien, an die Macht gekommen, nachdem er seinen Onkel aus dem Palast gejagt hatte. Die Machtwechsel in Doha verliefen – bislang – ohne Blutvergießen.