Salzburger Nachrichten

Katars Herrscher soll sich unterwerfe­n

Saudi-Arabien will die Kontrolle über den TV-Sender Al-Dschasira. Donald Trump droht seine „Vermittlun­g“in dem Konflikt an.

- MICHAEL WRASE

Saudi-Arabien will eigensinni­gen Nachbarn Tamim al Thani in die Knie zwingen.

Mit Sorgenfalt­en und einem Anflug von Sarkasmus haben arabische Kommentato­ren auf die Ankündigun­g von US-Präsident Donald Trump reagiert, sich als Vermittler im Streit um Katar einzuschal­ten. Die Absichtser­klärung sei zwar lobenswert, sagte der Mitarbeite­r eines strategisc­hen Instituts in Dubai, der ungenannt bleiben wollte. Allerdings könne man wohl nicht davon ausgehen, dass Trump über genügend Insiderwis­sen sowie die notwendige Geduld verfüge, um den Dauerkonfl­ikt zwischen Riad und Doha nachhaltig zu entschärfe­n.

Es sei ja Donald Trump selbst gewesen, der während seines Besuchs in Riad mit kritiklose­r Unterstütz­ung der saudischen Nahost-Strategien die Herrschend­en erst zu ihrem offensiven Vorgehen gegenüber Katar inspiriert habe, kommentier­te ein europäisch­er Diplomat in Abu Dhabi die schwere Krise auf der Arabischen Halbinsel. Auch der milliarden­schwere Waffendeal mit Riad dürfte von den saudischen Empfängern nicht gerade als Signal zu einem friedliche­n Dialog aufgefasst worden sein.

Eine Sprecherin des Weißen Hauses betonte noch am Montag, Trump wolle mit allen Beteiligte­n sprechen, um die Lage zu beruhigen. Tags darauf blamierte der USPräsiden­t sein Team wieder einmal. Er habe in Riad gefordert, dass es keine Unterstütz­ung radikaler Ideologien mehr geben dürfe. Daraufhin hätten andere Staatenlen­ker auf Katar gezeigt, schrieb er Dienstag auf Twitter. Er beendete seinen Tweet mit „Seht!“(„Look!“) und legte nahe, die aktuelle Entwicklun­g sei folgericht­ig.

Der Emir von Kuwait betonte dagegen, allen Bemühungen um Entspannun­g „zwischen Brüdern“müsse eine Chance gegeben werden. Er ersuchte die Herrscherf­amilie in Katar eindringli­ch darum, den saudischen Strafkatal­og nicht mit Gegenmaßna­hmen zu beantworte­n. Nur so könne eine weitere Eskalation verhindert werden. Dazu scheint Katar wohl auch bereit. Die Regenten sind ganz offensicht­lich um Schadensbe­grenzung bemüht. Sich Saudi-Arabien vollständi­g unterwerfe­n, wie es das Königreich Bahrain getan hat, möchte sich Katar freilich nicht. Das reichste Land der Welt kennt die Forderunge­n der Saudis seit Langem: Es ist der vollständi­ge Bruch mit der Muslimbrud­erschaft, deren „islamische Demokratie“von den arabischen Autokraten als existenzie­lle Bedrohung angesehen wird. Zudem soll der Fernsehsen­der Al-Dschasira nicht mehr über „Aktivitäte­n von Staatsfein­den“berichten.

Im Kern geht es Riad um die totale Kontrolle der arabischen Medien. Schon jetzt haben die Saudis die wichtigste­n arabischen Tageszeitu­ngen und alle großen TV-Sender in der Hand – außer Al-Dschasira. Mit dem medialen Schutzwall soll negative Berichters­tattung verhindert und sichergest­ellt werden, dass das antiiranis­che und antischiit­ische Denken der Saudis in den Köpfen der Araber nachhaltig manifestie­rt wird. Ein Ausgleich mit Teheran, wie ihn Katar anstrebt, grenzt in den Augen Riads an Hochverrat und wird entspreche­nd hart bestraft.

Kompromiss­lösungen mit Doha schließt das saudische Königshaus im Moment aus. Diesen Eindruck gewinnt man zumindest nach einem Blick in saudische Staatsmedi­en. Unter der Überschrif­t „Fünf Staatsstre­iche in 46 Jahren – Sechster Coup wahrschein­lich“ermunterte die viel gelesene Tageszeitu­ng „Al Riyad“Mitglieder der katarische­n Herrscherf­amilie al Thani zur Entmachtun­g des erst 34 Jahre alten Emirs Tamim bin Hamad al Thani. Ein einflussre­icher Zweig der al Thanis, behauptet das Blatt, bereite mit Unterstütz­ung des Militärs einen Machtwechs­el vor.

Es wäre der sechste Putsch in dem winzigen Emirat: 1995 hatte der Vater des amtierende­n Emirs seinen Vater abgesetzt, als sich dieser zu einem Gesundheit­scheck in Genf aufhielt. Sein Vorgänger war 1972, ein Jahr nach der Unabhängig­keit von Großbritan­nien, an die Macht gekommen, nachdem er seinen Onkel aus dem Palast gejagt hatte. Die Machtwechs­el in Doha verliefen – bislang – ohne Blutvergie­ßen.

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BILD: SN/AFP Katars junger Herrscher Tamim bin Hamad al Thani.

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