In Washingtons Politik setzt sich die Negativauslese fort
Es sind nicht immer die Ratten, die ein schlingerndes Schiff verlassen. Manchmal sind es die Besten und Klügsten.
Der amtierende US-Botschafter in China hat dem amerikanischen Präsidenten den Bettel hingeworfen. Der erfahrene Berufsdiplomat verlässt seinen Posten vorzeitig, weil er entsetzt ist über die Dummheit seines Dienstherren, die USA aus dem Pariser Klimavertrag herauszunehmen. Das ist zwar nur ein symbolischer Schritt, denn David Rank wäre ohnehin Anfang Juli von einem neuen Botschafter abgelöst worden.
Doch gerade in der Welt der Berufsdiplomaten ist eine einseitige Kündigung dieser Art außerordentlich selten, weil diese Leute ja eben eine Karriere im diplomatischen Dienst zu verlieren haben. Das heißt, Rank riskiert seine berufliche Zukunft aus Gründen der Überzeugung, dass Donald Trump eine Dummheit gemacht hat. Der Mann hat damit weit mehr Rückgrat bewiesen, als man gerade von Berufsdiplomaten erwarten müsste.
Drei enge Mitarbeiter Trumps, der Verteidigungsminister James Mattis, Sicherheitsberater H. R. McMasters und Außenminister Rex Tillerson, ließen mittlerweile durchsickern, dass sie über einen anderen Fehltritt Trumps entsetzt sind. Der US-Präsident hatte bei seinem ersten Treffen mit den NATO-Partnern genau das nicht getan, worum ihn die drei Herren dringend gebeten hatten: Die Partner zu versichern, dass auch seine Regierung den Artikel 5 des NATO-Vertrages honorieren werde, nämlich die Beistandsverpflichtung, die da heißt, wenn ein NATO-Land angegriffen wird, gilt das als Angriff auf alle NATO-Länder. Trump verlas stattdessen eine ganz andere Rede, die womöglich aus der Feder des rechten, rassistischen Nationalisten Stephen Bannon stammt, und in der Trump lediglich über die zu geringen Verteidigungsausgaben der Europäer meckerte.
Vor allem McMasters und Mattis stehen in dem Ruf, sie versuchen immer wieder, Trumps irrationales Agieren in vernünftigere Bahnen zu lenken. Beide haben ebenso wie Rex Tillerson ihre Karrieren nicht in der Politik gemacht, sie können daher auch auf eigenen Beinen stehen, selbst wenn sie beim Präsidenten in Ungnade fallen sollten. Sie sollen besonders darüber verärgert sein, dass Trump seine Attacke auf die Europäer ritt, ohne sich vorher mit seinen drei wichtigsten Mitarbeitern beraten zu haben.
Die Frage ist, wie lange sich diese Leute das bieten lassen. Donald Trump vermittelt immer öfter den Eindruck, dass er ausschließlich auf sich selbst hört und gegen den klügeren Rat anderer Leute resistent ist. Es ist ein Merkmal von egomanischen Herrschern, dass sie nur auf den Rat jener hören, die ohnehin ihrer Meinung sind. Wer weiß, wann die Klugen die Konsequenzen daraus ziehen.