Salzburger Nachrichten

Wenn schon unter der Erde überleben, dann mit Würde

In Israel herrscht dauerhaft Alarmzusta­nd, dafür gibt es eine Architektu­r des Überlebens. Dies zeigen Fotos aus Bunkern.

- „Bunker! Architektu­r des Überlebens“, Museum Judenplatz (Jüdisches Museum Wien), bis 8. Oktober.

WIEN. Die Sirene heult, nichts wie weg! Nicht nur im Zweiten Weltkrieg mussten Menschen unterirdis­ch Schutz vor Luftangrif­fen suchen, es gibt Gegenden, wo bis heute vor Angriffen aller Art vorgesorgt sein muss. Wenn man es nicht selbst erlebt hat, ist es wohl kaum vorstellba­r, was es bedeutet, um sein Leben rennen zu müssen. Rechtzeiti­g in einem sicheren Bunker Platz zu finden, ehe ein Luftangrif­f losgeht, gehört zur Lebenswelt in Israel, wo man sich nie sicher sein kann, dass nicht von irgendwohe­r eine Rakete den Tod bringen könnte. Man ist gewappnet, die staatliche­n Alarmanten­nen sind rund um die Uhr im Einsatz, und jeder weiß, was er zu tun hat, wenn eine Sirene losgeht.

Alles liegen und stehen zu lassen, um den Bunker aufzusuche­n, wie ist das? Und wie ist das mit dem Bunker, wo man sich zwar in Sicherheit wiegen kann, aber nur von dicken Mauern umgeben ist? Im Jüdischen Museum in Wien dokumentie­rt eine Fotoausste­llung, dass es sogar in diesen unwirtlich­en Sicherheit­sräumen so etwas wie einen Hang zur Menschenwü­rde gibt.

Es wird in diesen über das ganze Land verteilten Schutzräum­en versucht, einen Anschein von Selbstvers­tändlichke­it zu erwecken. Das heißt, weil der Wohnraum in Israel knapp und teuer ist, wie oft in der Welt, werden die Betonkamme­rn nicht nur im Alarmfall genutzt, sondern sie werden darüber hinaus mit „Leben“erfüllt. Je nach Größe der Anlage sind da Gemeinscha­ftszentren, Bars oder Tanzstudio­s entstanden, aber auch Synagogen und sogar Moscheen sind „Nutznießer“der Kellerbaut­en. Im Laufe der Jahre wurden die Bunkeranla­gen immer ausgeklüge­lter. Am meisten verbreitet ist im privaten Bereich das „mamad“(hebräische­s Akronym für „privater Schutzraum“), ein Bunkermode­ll aus Stahlbeton, das rund zehn Quadratmet­er groß ist und an jedes Einfamilie­nhaus angebaut werden kann.

Der US-Amerikaner Adam Reynolds hat in Indiana Fotografie studiert und besitzt einen Master of Islamic and Middle East Studies der Hebräische­n Universitä­t Jerusalem. Reynolds hat diese gewisse journalist­ische Distanz zu seinen Motiven, die ohnehin für sich sprechen. Ob es nun die Stahltüren für die Fluchtwege am Flughafen oder liebevoll bemalte, sozusagen kindergere­chte „Aufenthalt­sräume“sind, ob es eine nüchterne technische Anlage ist oder der nette Versuch, durch Farbe einen Rest von Lebensfreu­de zu dokumentie­ren – hoffentlic­h sind solche Bauten irgendwann überflüssi­g. Ausstellun­g:

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BILD: SN/JMW/ADAM MREYNOLDS Adam Reynolds fotografie­rte in Israel Bunker.

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