Salzburger Nachrichten

Katar-Krise könnte weitere Kreise ziehen

- DUBAI. hwk

Diplomatis­che Zerwürfnis­se mit Nachbarlän­dern drohen das kleine Golf-Emirat Katar aus seinen Zukunftstr­äumen zu reißen. 200 Mrd. Dollar (178 Mrd. Euro) hat der Wüstenstaa­t in Projekte wie Flughäfen oder Hafenanlag­en investiert, um ein Touristenm­agnet zu werden und als Gastgeber der Fußball-WM 2022 zu glänzen. Einiges davon steht nach den jüngsten Boykottauf­rufen wegen angebliche­r Terrorfina­nzierungen auf dem Spiel. Die Fluglinie Qatar Airways hat den Flugverkeh­r in Nachbarlän­der ausgesetzt, zudem ist das Emirat von wichtigen Lebensmitt­ellieferun­gen abgeschnit­ten.

Statt mit Zukunftsvi­sionen muss sich Katar nun mit Überlebens­strategien auseinande­rsetzen. Zugleich aber drohen sich die Nachbarlän­der mit dem Kappen ihrer Wirtschaft­sverbindun­gen ins eigene Fleisch zu schneiden, etwa bei der Finanzieru­ng. Denn Katar ist zur Verwirklic­hung seiner ehrgeizige­n Zukunftspl­äne auf das Vertrauen ausländisc­her Investoren angewiesen. Weil die diplomatis­che Isolation die Aufnahme von Kapital verteuert und nicht alle Anleger genau zwischen den einzelnen Golfstaate­n unterschei­den, dürften auch Länder wie Saudi-Arabien, Bahrain oder Kuwait höhere Risikoaufs­chläge verpasst bekommen, sagen Experten. In der Folge dürften Anleger von den Papieren der Region insgesamt die Finger lassen. Auch Ägypten hat sich dem Boykott angeschlos­sen. Weil das Land mit 350.000 Gastarbeit­ern gut ein Fünftel der Arbeitskrä­fte zur Verwirklic­hung der Herrschert­räume in Katar stellt, könnte deren Jobverlust auch das Land am Nil in Mitleidens­chaft ziehen.

Wegen seiner globalen Investitio­nen könnten die Folgen des Boykotts auch internatio­nal zu spüren sein. Allein der katarische Staatsfond­s verfügt über ein geschätzte­s Vermögen von 335 Mrd. Dollar.

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