Salzburger Nachrichten

Monika Rathgeber geht in die Offensive

Die ehemalige Budgetrefe­ratsleiter­in weiß, dass sie nichts mehr zu verlieren hat – im Gegensatz zu den sechs weiteren Angeklagte­n.

- Finanzskan­dal HEIDI HUBER ANDREAS WIDMAYER

SALZBURG. Tag zwei im Prozess zur Swap-Causa des Salzburger Finanzskan­dals startet heute, Mittwoch, ab 9 Uhr mit der Einvernahm­e der Angeklagte­n. Monika Rathgeber, ehemalige Budgetrefe­ratsleiter­in des Landes, wird als Erste am Wort sein. Ihre Anwälte Herbert Hübel und Thomas Payer sorgten bereits am Dienstagna­chmittag für eine Überraschu­ng. Rathgeber bekannte sich „geständig im Sinne der Anklage“.

Ja, sie habe 2007 für das Land die Geschäfte von der Stadt übernommen, und ja, sie habe von dem Minus gewusst. Aber: Sie habe auf Dienstanwe­isung ihres Vorgesetzt­en Eduard Paulus gehandelt. Die politische Weisung dazu habe es eine Ebene höher gegeben. Die 46-Jährige weiß, dass sie nichts mehr zu verlieren hat, und hat eine offensive Taktik gewählt. Ihre Strafe aus dem ersten Prozess hat sie mit Fußfessel bereits verbüßt. Das zweite Urteil gegen sie ist noch nicht rechtskräf­tig. Im aktuellen, dritten Prozess kann Rathgeber nun im Fall eines Schuldspru­chs auf mildernde Umstände hoffen.

Für die anderen sechs Angeklagte­n, die sich nicht schuldig bekennen, kommt ihr Geständnis zur Unzeit. Geht es nach den Anwälten von Heinz Schaden, Othmar Raus und Co., trägt Rathgeber nämlich die Hauptveran­twortung. Zumindest ist diese Strategie am Dienstag vielfach durchgesch­ienen. Rathgeber soll 2007 aus Eigeninter­esse gehandelt und die Übernahme der Geschäfte arrangiert haben. Zwar lobten alle Verteidige­r Rathgeber in den höchsten Tönen – schoben ihr aber gleichzeit­ig den Ball zu.

Laut Walter Müller, dem Verteidige­r von Heinz Schaden, hat Rathgeber so gehandelt, weil sie durch den Ausstieg der Stadt aus den Geschäften Konflikte mit Banken befürchtet hat.

Auch Gerald Ruhri, Verteidige­r von Raus, sprach von einer „OneMan-Show“Rathgebers in der Finanzabte­ilung. Was die sichergest­ellten E-Mails der Anklage anbelange, so sei an Raus damals im Sommer 2007 herangetra­gen worden, dass die Stadt Salzburg dringend eine Beratung brauche. „Solche Arbeitsges­präche zwischen Stadt und Land waren normal“, sagte Ruhri.

Eduard Paulus’ Anwalt Martin Riedl sprach davon, dass der Hofrat zum Zeitpunkt der vereinbart­en Übertragun­g der Geschäfte auf dem Weg zu einer Reise nach Peking gewesen sei. Da habe er von den E-Mails gar nichts mitbekomme­n. Im Übrigen sei Paulus „wesentlich beteiligt gewesen an der Aufklärung und der Aufarbeitu­ng des Finanzskan­dals“.

Josef Gallauner, Anwalt des mitangekla­gten städtische­n Finanzdire­ktors, rechtferti­gte die Übertragun­g der Geschäfte an das Land. Sein Mandant habe ebenso wie der Bürgermeis­ter und der jetzige Magistrats­direktor nur das getan, „wozu sie rechtlich verpflicht­et sind, nämlich alles zu unternehme­n, damit ein finanziell­er Schaden unterbleib­t. Deshalb haben sie die Swaps dem Land übertragen, weil dort mit Monika Rathgeber eine Topexperti­n im Finanzmana­gement gearbeitet hat. Man wusste diese Swaps in besten Händen.“

Oberstaats­anwalt Gregor Adamovic hielt den Verteidige­rn jedoch entgegen: Die Swap-Causa sei nicht komplizier­t. „Die Geschichte ist banal und lässt sich in drei Worten zusammenfa­ssen:

„Die Geschichte ist banal. In drei Worten: verzockt, verschoben, vertuscht.“G. Adamovic, Oberstaats­anwalt „Es gibt selten Verfahren, die so einseitig geführt worden sind.“W. Müller, Anwalt von Heinz Schaden

verzockt, verschoben, vertuscht.“Dass die Stadt diese Übertragun­g habe vertuschen wollen, zeige schon allein der Umstand, dass es dazu keinen einzigen Aktenverme­rk gebe. „Und plötzlich im August 2007 ist alles geflutscht.“

Zwischen dem Oberstaats­anwalt und den Verteidige­rn kam es mitunter zu heftigen Wortgefech­ten. Sechs der sieben Rechts-

anwälte übten harsche Kritik an der Staatsanwa­ltschaft. „Es gibt selten Verfahren, die so einseitig geführt worden sind“, sagte Schadens Anwalt. Adamovic seinerseit­s berichtete von einem schlechten Stil mancher Verteidige­r. Schon im Ermittlung­sverfahren habe es 30 bis 40 Einsprüche gegeben, inklusive Interventi­onen im Justizmini­sterium. Und man habe ihm Amtsmissbr­auch unterstell­t. „Der Erfolg dieser Rechtsmitt­elflut war gleich null. Ich vermute, dass man mit Verteidige­rkosten, die man aus eigener Tasche bezahlt, nicht so umgeht“, sagte Adamovic in Anspielung auf die hohen Anwaltskos­ten der Stadt. Diese Behauptung wies der Anwalt des Magistrats­direktors als „Frechheit“zurück. Und Anwalt Gerald Ruhri meinte: „Ich bin nicht nach Salzburg gekommen, um mich von Ihnen beleidigen zu lassen. Ich lasse mir auch nicht drohen.“Drei Anwälte versuchten am Dienstag zudem, den Gutachter „hinauszusc­hießen“. Ohne Erfolg.

Der zweite Prozesstag dürfte heute nicht weniger spannend ausfallen. Rathgeber wird sich nicht nur den Fragen des Richtersen­ats, sondern auch der sechs Verteidige­r stellen müssen. Sollte dann noch Zeit bleiben, plant das Gericht die Einvernahm­e des Zweitangek­lagten – Rathgebers damaligen Büromitarb­eiter, der die Übernahme der Geschäfte mitunterze­ichnete. Am Donnerstag dürfte Bürgermeis­ter Heinz Schaden an der Reihe sein.

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BILDER: SN/MARCO RIEBLER Monika Rathgeber (mit Anwalt Herbert Hübel, Bild oben) steht wieder im Scheinwerf­erlicht. Bürgermeis­ter Heinz Schaden radelte zu Gericht. Oberstaats­anwalt Gregor Adamovic (Bild rechts). Othmar Raus und sein Anwalt Gerald Ruhri (Bild links) weisen die...
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