Muss der Brexit wirklich sein?
Wieso jetzt nicht neu nachdenken? Die für ihren gesunden Menschenverstand bekannten Briten könnten befinden, dass es nicht genügend Konsens gibt für einen so weitreichenden Schritt wie den Ausstieg aus der EU. Das in dieser Frage gespaltene Land könnte den Brexit vorerst abblasen, sofern die EU-27 zustimmen.
Gewiss: Eine Mehrheit der britischen Wähler hat sich 2016 für ein Ausscheiden aus der Europäischen Union entschieden. Allerdings, wie man weiß, auf der Basis einer lügnerischen Kampagne. Ein Volksvotum hat großes Gewicht. Aber das Parlament in London hätte dieses rechtlich nicht bindende Votum beiseiteschieben können.
Premierministerin Theresa May hat zwar den Austrittsprozess gestartet, aber sie hat bis jetzt weder einen konkreten Plan noch kompetentes Personal für diesen Prozess. Die Frau, die sich von der Brexit-Gegnerin zur harten Brexit-Befürworterin gewandelt hat, ist bei dieser Unterhauswahl nicht in ihrem Kurs bestätigt worden. Die EU hat angesichts der Möglichkeit, dass die Briten bald wieder wählen könnten, keinen verlässlichen Verhandler auf der anderen Seite.
Gewiss: Tories wie Labour sind in den Wahlkampf mit dem Versprechen gezogen, dass sie sich an das Resultat des EUReferendums halten wollten. Die proeuropäischen Liberaldemokraten, die als einzige Partei ein zweites EU-Referendum gefordert haben, sind ohne großen Wählerzuspruch geblieben.
Aber ein weicher Brexit, von dem jetzt die Rede ist, mit Zugang zum Europäischen Binnenmarkt samt Personenfreizügigkeit, ist in den Augen der EU-Gegner in Wahrheit gar kein Brexit. Warum also jetzt nicht neu nachdenken?