Salzburger Nachrichten

Muss der Brexit wirklich sein?

- HELMUT.MUELLER@SALZBURG.COM

Wieso jetzt nicht neu nachdenken? Die für ihren gesunden Menschenve­rstand bekannten Briten könnten befinden, dass es nicht genügend Konsens gibt für einen so weitreiche­nden Schritt wie den Ausstieg aus der EU. Das in dieser Frage gespaltene Land könnte den Brexit vorerst abblasen, sofern die EU-27 zustimmen.

Gewiss: Eine Mehrheit der britischen Wähler hat sich 2016 für ein Ausscheide­n aus der Europäisch­en Union entschiede­n. Allerdings, wie man weiß, auf der Basis einer lügnerisch­en Kampagne. Ein Volksvotum hat großes Gewicht. Aber das Parlament in London hätte dieses rechtlich nicht bindende Votum beiseitesc­hieben können.

Premiermin­isterin Theresa May hat zwar den Austrittsp­rozess gestartet, aber sie hat bis jetzt weder einen konkreten Plan noch kompetente­s Personal für diesen Prozess. Die Frau, die sich von der Brexit-Gegnerin zur harten Brexit-Befürworte­rin gewandelt hat, ist bei dieser Unterhausw­ahl nicht in ihrem Kurs bestätigt worden. Die EU hat angesichts der Möglichkei­t, dass die Briten bald wieder wählen könnten, keinen verlässlic­hen Verhandler auf der anderen Seite.

Gewiss: Tories wie Labour sind in den Wahlkampf mit dem Verspreche­n gezogen, dass sie sich an das Resultat des EUReferend­ums halten wollten. Die proeuropäi­schen Liberaldem­okraten, die als einzige Partei ein zweites EU-Referendum gefordert haben, sind ohne großen Wählerzusp­ruch geblieben.

Aber ein weicher Brexit, von dem jetzt die Rede ist, mit Zugang zum Europäisch­en Binnenmark­t samt Personenfr­eizügigkei­t, ist in den Augen der EU-Gegner in Wahrheit gar kein Brexit. Warum also jetzt nicht neu nachdenken?

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Helmut L. Müller

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