Salzburger Nachrichten

Trump biegt Wahrheit zurecht

Der US-Präsident fühlt sich nach der Anhörung des gefeuerten FBI-Direktors James Comey auf ganzer Linie entlastet. Dafür muss er in Sachen NATO-Beistandsp­flicht zurückrude­rn.

- Donald Trump, via Twitter

WASHINGTON. Donald Trumps Heimatblat­t „Daily News“begrüßte ihn mit einer Titelseite, auf der über einer ganzseitig­en Aufnahme seines zerknirsch­ten Gesichts in fetten weißen Lettern das Wort „Lügner“prangt. Die „New York Times“behandelte den bedrängten Präsidente­n nicht viel freundlich­er. Der Schriftsat­z ist kleiner, der Inhalt aber nicht minder deutlich. „Mr. Comey und all die Lügen des Präsidente­n“steht über dem Leitartike­l zur Anhörung des von Trump Anfang Mai gefeuerten FBI-Direktors James Comey im US-Senat.

Davon konnte Trump am Freitag allerdings kurzfristi­g schon wieder mit einem neuen Sager ablenken. Erstmals bekannte er sich in deutlichen Worten zur Beistandsp­flicht der NATO. Er bekenne sich zum Artikel 5, sagte Trump bei einer gemeinsame­n Pressekonf­erenz mit dem rumänische­n Präsidente­n Klaus Johannis in Washington. Der Abschnitt des Nordatlant­ikvertrags verpflicht­et die Mitgliedss­taaten zum Beistand im Fall eines bewaffnete­n Angriffs auf einen Bündnispar­tner. Beim NATO-Gipfel vor zwei Wochen in Brüssel hatte der US-Präsident darauf verzichtet, in seiner Rede vor den Partnern ausdrückli­ch dazu Stellung zu nehmen. Starke Irritation­en waren die Folge.

Wie immer, wenn es nicht gut für ihn läuft, schwieg Trump auch nach Comeys Anhörung eine Weile, bevor er sich auf Twitter zurückmeld­ete. „Trotz so vieler falscher Aussagen und Lügen, vollständi­ge und umfassende Rehabilita­tion . . . und WOW, Comey ist ein Geheimnisv­erräter“, hieß es in den frühen Morgenstun­den merkwürdig realitätsf­ern. Comey hatte bei der Anhörung im Senat eingeräumt, einige seiner nach den Gesprächen mit dem Präsidente­n angefertig­ten Memoranden an die Presse weitergele­itet zu haben. Rechtsexpe­rten versichern, Comey habe nicht viel zu befürchten. Denn er sei schließlic­h kein Staatsbedi­ensteter mehr.

Die dreistündi­ge Befragung Comeys vor dem Geheimdien­steausschu­ss des US-Senats wurde zu einem Fiasko für Trump. Analysten weisen darauf hin, dass der Ex-Chef der Bundespoli­zei der Bitte des Kongresses nicht nachgekomm­en sei, seine Memos den zuständige­n Ausschüsse­n zu überlassen. Dass dagegen Sonderermi­ttler Robert Mueller im Besitz der Dokumente ist, deutet darauf hin, dass er das Thema „Behinderun­g der Justiz“, ein Strafdelik­t, prüft.

Damit hat sich für Trump das Problem vergrößert. Neben der Untersuchu­ng der mutmaßlich­en Zusammenar­beit mit Russland im Wahlkampf sieht sich der Präsident nun auch mit Vorwürfen konfrontie­rt, über die Richard Nixon in der Watergate-Affäre gestürzt war. Für Analysten wie den Politologe­n Larry Sabato geht es um die Glaubwürdi­gkeit. Dabei sei der Ex-FBI-Direktor dem „Twitterer-in-Chief“klar überlegen: „Die Chancen, dass Comedy die Wahrheit sagt und Trump gelogen hat, liegen nahe bei 100 Prozent.“

„Trotz so vieler falscher Aussagen und Lügen eine komplette Rehabilita­tion.“

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BILD: SN/AP Donald Trump sieht sich nach Comeys Aussage vollständi­g rehabiliti­ert.

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