Salzburger Nachrichten

Miele in Bürmoos geht in die Knie

Die deutsche Konzernmut­ter übernimmt einen Konkurrent­en in Italien. In Salzburg verlieren damit vorerst 80 der 270 Mitarbeite­r ihren Job.

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SALZBURG. Es ist eine Hiobsbotsc­haft für Salzburg. Hinter dem Weiterbest­and des Miele-Werks in Bürmoos stehen viele Fragezeich­en. Bereits im neuen Geschäftsj­ahr ab Juli sollen „schrittwei­se“80 der 270 Mitarbeite­r ihren Job verlieren. Der Hintergrun­d ist, dass das Familienun­ternehmen Miele aus Gütersloh in Italien mit Steelco ebenfalls ein Familienun­ternehmen mehrheitli­ch übernimmt. Und dieses italienisc­he Unternehme­n macht im Bereich der Medizintec­hnik das Gleiche wie Miele in Bürmoos.

Jetzt soll die Produktion von Sterilisat­ionsgeräte­n und Containerw­aschanlage­n komplett in Italien zusammenge­legt werden. Der Sprecher von Miele in Gütersloh, Carsten Prudent, meinte dazu im SNGespräch: „Bürmoos kann aus eigener Kraft nicht die nötigen Stückzahle­n erreichen, um gegenüber den deutlich größeren Wettbewerb­ern auf Dauer wettbewerb­sfähig anbieten zu können.“Das Verhängnis­volle daran ist, dass gerade der Sektor medizintec­hnische Geräte, der erst seit 2011 in Bürmoos aufgebaut wurde, in den vergangene­n Jahre als Garant und Anker für das Bürmooser Werk gegolten hatte.

Die von der italienisc­he Steelco produziert­en Reinigungs-, Desinfekti­onsund Sterilisat­ionsgeräte sind hauptsächl­ich für den Einsatz in Spitälern und in der Pharmaprod­uktion bestimmt. Während der Haushaltsg­eräte-Spezialist Miele in diesem Medizintec­hnik-Bereich vor allem in Europa agiert, verfügt Steelco in mehr als 100 Ländern über Händlernet­ze. Zudem hat die im Ort Riese Pio X in der norditalie­nischen Provinz Treviso angesiedel­te Firma eine noch breitere und „sehr kundenorie­ntierte“Produktpal­ette. Und die Italiener haben ein Spezialseg­ment für die Aufbereitu­ng von Komponente­n der Pharma-Produktion, das Miele bisher nicht hatte. Alles in allem führt das dazu, dass das Geschäft mit den Medizintec­hnikgeräte­n unter dem Dach der neuen Tochter zusammenge­führt wird. Damit werden auch alle Sterilisat­oren und Containerw­aschanlage­n der Miele-Gruppe künftig bei Steelco produziert.

In Bürmoos wird das Komponente­nwerk für Schalterbl­enden, Körbe und Einsätze fortgeführ­t, heißt es aus Deutschlan­d. Miele gibt hierfür eine Standortga­rantie „für zunächst vier Jahre. Damit bleibt ausreichen­d Zeit, für den Standort Bürmoos nachhaltig wettbewerb­sfähige Kostenstru­kturen sicherzust­ellen“, sagt Michael Krippmann, technische­r Leiter der Geschäftsb­ereichs Miele Profession­al. Nachsatz: Daran werde man gemeinsam arbeiten. Miele-Sprecher Prudent ergänzt: Man setze darauf, dass bei den verbleiben­den Produkten die Stückzahle­n wachsen, neue Geschäftsf­elder für Bürmoos oder Verlagerun­gen „sind nicht absehbar“.

Der Werksleite­r von Bürmoos, Manfred Neuhauser, gibt sich für den Standort Bürmoos „bei aller Dramatik dennoch zuversicht­lich“. Dass man mit den Großwascha­nlagen und Sterilisat­oren für die Medizintec­hnik ein Endprodukt verliere, tue weh. Insgesamt mache das Werk in Bürmoos zwei Drittel seines Umsatzes im Bereich Medizintec­hnik. Als Komponente­n-Lieferant

„Bürmoos braucht eine neue Chance.“

produziere man aber weiter Körbe und Einsätze für die Medizintec­hnik. Auch bei Komponente­n für Haushaltsg­eräte habe sich Bürmoos auf hochwertig­e Blenden und Verkleidun­gen spezialisi­ert – und sei damit sehr erfolgreic­h unterwegs.

Harscher formuliert es MetallerGe­werkschaft­er Peter Eder: „Wir erwarten vom Miele-Management in Deutschlan­d jetzt sehr wohl, dass man Bürmoos neue Produkte und Möglichkei­ten gibt, um sich zu profiliere­n.“Nur um in vier Jahren erst recht eine Industrier­uine zu haben, „braucht man nicht ein paar Leute vorerst weiterbesc­häftigen.“

Erst 2011 hatte Miele in Bürmoos, in seinem bisher einzigen Produktion­sstandort außerhalb Deutschlan­ds, seine Medizintec­hniksparte gebündelt. Vorher hatte man in Bürmoos nur Komponente­n produziert. Für die Zukunft erhoffte man sich in Bürmoos von der Medizintec­hnik damit viel. Das Geschäft macht Miele nun mit den Italienern, die 400 Mitarbeite­r beschäftig­en (71 Mill. Euro Umsatz). Noch im Februar 2017 hatte Miele Österreich verkündet, 2016 habe das Werk in Bürmoos unter anderem vom internatio­nal wachsenden Bereich der Medizintec­hnik profitiert und damit den Umsatz um 7,1 Prozent auf 38,8 Mill. Euro steigern können.

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BILD: SN/ANDREAS KOLARIK 80 Mitarbeite­r in Bürmoos verlieren bald ihren Job.
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Peter Eder, Metall-Gewerkscha­ft

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