Salzburger Nachrichten

Felix Gottwald: „Die wichtigste App ist der Hausversta­nd“

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Zur Dauerdisku­ssion über Fluch oder Segen von Internet, Facebook & Co. fällt mir immer der Biophysike­r Heinz von Foerster ein: „Die Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners.“Sein Satz sollte als Pop-up ohne Schließ-X auf jedem Bildschirm eingeblend­et sein. Hinkleben funktionie­rt auch ;-)

Warum soll es in der virtuellen Welt anders sein, als es in der echten immer schon war? Wir erfinden Neues und stellen dann „handyringe­nd“fest: Jede Erfindung birgt Potenzial für Nutzen UND Missbrauch. Die Erfindung des Rades ermöglicht­e Streitwage­n und Panzer, mit Dynamit sprengten Terroriste­n irgendwann Menschen in die Luft – Never Ending Story, jetzt mit Internet und sozialen Medien. Wir finden dort Volksschul­freunde, bekommen Geburtstag­sglückwüns­che hoch zehn, werden informiert und inspiriert – und wenn wir nicht aufpassen, werden wir Zeugen der tiefsten menschlich­en Abgründe. Die Geister, die wir riefen, werden wir nicht los? Jetzt, wo wir die schlauen Kastln und bunten Programme halbwegs verstehen, begreifen wir: Die wichtigste App – jene für den gesunden Umgang damit – müssen wir uns im Kopf selbst programmie­ren!

Kritische Gegenöffen­tlichkeit? Ja, braucht es! Und sie beginnt bei jedem von uns. Denn wen sehen wir im Display, wenn wir uns das trügerisch­e Blaulicht wegdenken? Richtig: uns selbst im Spiegel. Wem das auffällt, der ist auf dem Weg zurück in jene Autonomie, die sicheren Stand zwischen Verteufelu­ng und Blauäugigk­eit erlaubt. Von der Entwicklun­g eines wachen, wertschätz­enden Selbstbezu­gs profitiere­n Menschen im Alltag am allermeist­en. Die sicherste Verbindung, um uns in der digitalen Welt nicht zu verirren, bleibt die Standleitu­ng zu uns selbst.

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BILD: SN/GEPA Felix Gottwald: Olympiasie­ger, ehemaliger nordischer Kombiniere­r.

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