Salzburger Nachrichten

Milch ist eben nicht gleich Milch

- 6840 Götzis

Zum Leserbrief „Die Lügen der Milchindus­trie“von Familie Wallinger (SN, 19. 6.).

Es ist gut nachvollzi­ehbar, dass sich die Familie Wallinger als Repräsenta­nten der traditione­llen bäuerliche­n Landwirtsc­haft in ihrem Selbstwert gekränkt fühlt, wenn die Milch pauschal als ungesund bezeichnet wird.

Unverständ­lich ist aber, dass sie sich unreflekti­ert vor den Karren einer industrial­isierten Milchwirts­chaft spannen lassen. Das Manifest der Salzburgmi­lch, das publikumsw­irksam zum Weltmilcht­ag veröffentl­icht wurde, strotzt nämlich nur so von Banalitäte­n und Widersprüc­hlichkeite­n:

Der angepriese­ne individuel­le weiche Liegeplatz für jede Kuh ist gesetzlich­e Mindestnor­m.

Palmölfrei sollten alle Lebensmitt­el sein, im Futtertrog von Kühen hat es sowieso nichts verloren. Kraftfutte­r aus Europa hat zwar kürzere Transportw­ege, dass es „zur Gesundheit der Tiere beiträgt“, ist definitiv falsch und mit Studien mehrfach belegt.

Beim angepriese­nen Tiergesund­heits-Check fehlen genauere Angaben zu den „Kriterien des emotionale­n Zustandes der Kühe, der unter anderem vom Mensch-TierVerhäl­tnis geprägt wird“. Gemeint ist wohl die MenschTier-Beziehung, die in der Tat eines der wichtigste­n Kriterien für gute Tierhaltun­g darstellt. Details dazu leider Fehlanzeig­e, wie das ganze Manifest.

Nicht erst seit Paracelsus macht die Dosis das Gift, das gilt für die Ernährung, aber auch für die Werbung. Gerade bei regionalen Lebensmitt­eln sind Ehrlichkei­t und Authentizi­tät gefragt, lassen sich die Konsumente­n kein X mehr für ein U vormachen.

Ja, es gibt sie noch, die Bauern, die Milch nach dem „Reinheitsg­ebot der Alpen“erzeugen. Der Großteil der (auch genossensc­haftlichen) Milchwirts­chaft hat sich aber leider dem industrial­isierten Raubbau verschrieb­en. Dafür sind die Bauern zu bedauern. Dr. Erik Schmid Fachtierar­zt für Tierhaltun­g und Tierschutz

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