Milch ist eben nicht gleich Milch
Zum Leserbrief „Die Lügen der Milchindustrie“von Familie Wallinger (SN, 19. 6.).
Es ist gut nachvollziehbar, dass sich die Familie Wallinger als Repräsentanten der traditionellen bäuerlichen Landwirtschaft in ihrem Selbstwert gekränkt fühlt, wenn die Milch pauschal als ungesund bezeichnet wird.
Unverständlich ist aber, dass sie sich unreflektiert vor den Karren einer industrialisierten Milchwirtschaft spannen lassen. Das Manifest der Salzburgmilch, das publikumswirksam zum Weltmilchtag veröffentlicht wurde, strotzt nämlich nur so von Banalitäten und Widersprüchlichkeiten:
Der angepriesene individuelle weiche Liegeplatz für jede Kuh ist gesetzliche Mindestnorm.
Palmölfrei sollten alle Lebensmittel sein, im Futtertrog von Kühen hat es sowieso nichts verloren. Kraftfutter aus Europa hat zwar kürzere Transportwege, dass es „zur Gesundheit der Tiere beiträgt“, ist definitiv falsch und mit Studien mehrfach belegt.
Beim angepriesenen Tiergesundheits-Check fehlen genauere Angaben zu den „Kriterien des emotionalen Zustandes der Kühe, der unter anderem vom Mensch-TierVerhältnis geprägt wird“. Gemeint ist wohl die MenschTier-Beziehung, die in der Tat eines der wichtigsten Kriterien für gute Tierhaltung darstellt. Details dazu leider Fehlanzeige, wie das ganze Manifest.
Nicht erst seit Paracelsus macht die Dosis das Gift, das gilt für die Ernährung, aber auch für die Werbung. Gerade bei regionalen Lebensmitteln sind Ehrlichkeit und Authentizität gefragt, lassen sich die Konsumenten kein X mehr für ein U vormachen.
Ja, es gibt sie noch, die Bauern, die Milch nach dem „Reinheitsgebot der Alpen“erzeugen. Der Großteil der (auch genossenschaftlichen) Milchwirtschaft hat sich aber leider dem industrialisierten Raubbau verschrieben. Dafür sind die Bauern zu bedauern. Dr. Erik Schmid Fachtierarzt für Tierhaltung und Tierschutz