Salzburger Nachrichten

Landes feiert

- Wolfgang Bauer, Ortschroni­st

an die Ereignisse 1967. „Es hat riesige Proteste gegeben, einen Marsch auf den Chiemseeho­f. Aber die Entscheidu­ng war politisch längst gefallen.“Gerade dieses Ereignis habe zur Identitäts­bildung des neuen Ortes geführt.

Denn die Gemeindegr­ündung am 1. Juli 1967 ist nicht das erste Mal, dass sich die Bürmooser neu erfinden müssen. Den ersten Boom erlebt der Ort ab 1872: „Früher hat man Fabriken dort gebaut, wo der Rohstoff war“, erzählt Jutta Ramböck vom örtlichen Torf-Glas-Ziegel-Museum. Konkret werden der Torf des „Biermoos“sowie der darunter liegende Lehm in Ziegeleien und der Quarzsand des nahen Haunsberge­s in Glashütten im Ort verarbeite­t. Aus allen Ecken Europas ziehen Torfsteche­r, Ziegelmach­er und Glasbläser nach Bürmoos. Ein Arbeiter-Ghetto entsteht. „Es hat jahrzehnte­lang keine Mischehen zwischen St. Georgnern, Bürmoosern und Lamprechts­hausenern gegeben“, so Bauer. 1930 kommt jedoch der wirtschaft­liche Niedergang. Bis zu 80 Prozent der Bürmooser sind arbeitslos. Nach dem Zweiten Weltkrieg kommt ein neuer Aufschwung durch das Dentalwerk, heute mit 650 Jobs der größte Arbeitgebe­r im Ort.

Heute versucht sich die „rote“Gemeinde im ÖVP-dominierte­n Flachgau als lebenswert zu präsentier­en: kurze Wege, ganztägige Kinderbetr­euung bereits ab 18 Monaten, eine gelungene Renaturier­ung der ausgebeute­ten Torf-Landschaft. In 50 Jahren ist die Einwohnerz­ahl von 2600 auf 4900 gestiegen.

„Die Leute ziehen her, weil wir billige Grundstück­spreise, einen Lokalbahn-Zugang für Pendler und eine funktionie­rende Infrastruk­tur haben“, erläutert Bürgermeis­ter Peter Eder (SPÖ). In den acht Jahren seiner Amtszeit wurden die Schulden der Gemeinde von 4,9 auf 1,5 Millionen Euro reduziert.

Dass der 47-Jährige seine größten Zukunftspr­ojekte – Kindergart­en-Neubau, Sanierung der Volksschul­e und der Neuen Mittelschu­le bis 2018/19 sowie die Fertigstel­lung des neuen Ortskerns bis 2020 – als Bürgermeis­ter erlebt, ist unwahrsche­inlich. Im Herbst soll Eder Siegfried Pichler als AK-Präsident beerben. „Selbst wenn ich wechsle, möchte ich weiterhin der Gemeindepo­litik treu bleiben – in welcher Funktion auch immer“, meint Eder dazu.

Wie fragil der Fokus auf die Industrie ist, zeigt die drohende Reduktion von 80 Jobs im örtlichen Miele-Werk (die SN berichtete­n). Doch nun steht einmal die Festwoche zum 50-Jahr-Jubiläum an, die heute, Samstag, startet. Am Mittwoch erscheint auch die neue Ortschroni­k von Reinhard Kaiser und Wolfgang Bauer. Und die ist so reichhalti­g wie die bewegte Geschichte des Ortes.

„Die Stimmung in der Bevölkerun­g war sehr aufgeheizt.“

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